Atomkraftwerk gefällig?

Die Stadt München will 25-Prozent-Anteil am AKW Ohu II weltweit zum Verkauf anbieten – und hofft auf die Energie-Liberalisierung  ■ Aus München Felix Berth

„Preiswertes AKW zu verk., Bj. 88, gut erhalt., häuf. Inspektionen. Lage: Niederbayern, Preis Verhandlungssache“ – so könnte die Zeitungsanzeige lauten, mit der die Stadt München ihren 25-Prozent-Anteil am Atomkraftwerk OhuII weltweit zum Verkauf ausschreiben will.

Mit diesem einzigartigen Angebot möchte die rotgrüne Stadtregierung ihrem Ziel näher kommen, die ungeliebten AKW-Anteile loszuwerden. Doch dabei zeigt sich, wie schwierig der kommunale Ausstieg aus der Atomkraft ist. Denn die Beteiligung, von der Stadt in den achtziger Jahren für 1,3 Milliarden Mark erworben, sichert heute etwa ein Drittel des Münchner Stromverbrauchs – zu einem (noch) vergleichsweise günstigen Preis.

Die Sicherheit der Stromversorgung wäre bei einem Münchner Ausstieg das kleinere Problem. Zwei moderne Gaskraftwerke und intensive Stromsparbemühungen könnten den Ohu-Anteil ersetzen, ergab eine Studie. Schwieriger für die hochverschuldete Landeshauptstadt wären die finanziellen Folgen, die jetzt in drei Studien von Prognos, dem Öko-Institut und der Schweizer Treuhand STG untersucht wurden.

So kommen alle Gutachten zum Ergebnis, daß ein Verkauf der Ohu-Anteile wirtschaftlich ungünstig wäre – zumindest unter heutigen politischen Rahmenbedingungen. Die Münchner Stadtwerke, für die Stromversorgung verantwortlich, plädieren deshalb dafür, die Ohu-Anteile zu behalten. „Ein Verkauf rechnet sich nicht“, so Stadtwerkechef Kurt Mühlhäuser.

Ihm hält das rot-grüne Regierungsbündnis entgegen, daß auch eine Beteiligung ökonomische Risiken birgt: „Was passiert, wenn das AKW zwei Jahre stillgelegt werden muß, wenn teure Nachrüstungen fällig werden oder die Kosten für die Endlagerung immens sind?“ fragt der bündnisgrüne Fraktionschef Siegfried Benker. Mit Blick auf diese Gefahren beschloß die Mehrheit des Münchner Stadtrats, das AKW weltweit zum Verkauf anzubieten. Als möglicher Verkaufstermin wird der 1. Januar 2001 genannt.

Die Frage bleibt allerdings, wer einen 25-Prozent-Anteil an einem AKW kaufen will. Bisher schienen ausschließlich die Bayernwerke in Frage zu kommen. Denn ihnen gehören bereits heute die restlichen 75 Prozent von OhuII. Ihr Interesse darf als gesichert gelten, seit kurioserweise die Münchner CSU vor einiger Zeit vorgeschlagen hat, den städtischen Ohu-Anteil billig an die befreundeten Bayernwerke zu verkaufen – übrigens nicht, um aus der Atomenergie auszusteigen, sondern um einige hundert Millionen Mark in die Stadtkasse zu kriegen. Weil dabei kein angemessener Preis zu erzielen war, lehnten SPD und Bündnisgrüne den CSU-Vorschlag ab.

Jetzt kommen möglicherweise weitere Interessenten dazu. Wenn das deutsche Energierecht nach den Plänen von Wirtschaftsminister Günter Rextrodt liberalisiert wird, fällt das Monopol der Bayernwerke, die bisher keinem Dritten erlauben mußten, Strom durch ihr Gebiet zu leiten. Dann könnte ein beliebiger Stromkonzern den Münchner AKW-Anteil kaufen und den Strom aus Niederbayern seinen Kunden irgendwo in Europa anbieten. Rexrodts Plan, der von vielen Umweltschützern kritisiert wird, würde zumindest der Stadt München helfen.