Der Ärgernis-Flipper

■ Erstes Hamburger Architekturgespräch in der Freien Akademie

„Kommunikation über Kommunikationslosigkeit“ könnte das Motto über der ersten Veranstaltung der Hamburger Architekturgespräche am Montag in der Freien Akademie lauten. Zwar tangierte das Grundproblem aller überbesetzten Podien (hier vier am Tisch und eine ganze erste Reihe voll Experten) auch diese Veranstaltung, daß nämlich mehr als drei Standpunkte in einer Diskussion zum Thesen-Flippern führt. Aber das spezielle Problem des Diskurses über Hamburger Baukultur erscheint doch eher zu sein, daß Leute, die seit Jahren über einen gemeinsamen Gegenstand, die Hamburger Stadtentwicklung, nachdenken, noch nicht einmal ihre Prämissen geklärt haben.

Da wirft Peter Erler, der Präsident der Hamburgischen Architektenkammer, dem neben ihm sitzenden Oberbaudirektor Egbert Kossak relativ unverblümt vor, daß er hinter verschlossenen Türen mit Investoren die Programme der „großen Projekte“ alleine auskungele. Darauf anwortet dieser mit der Darlegung eines Verfahrensweges, der diesen Vorwurf überhaupt nicht entkräftet. Da mahnt die Architektin Gabrielle von Bernstorff bei dem zur Diskussion gestellten Projekt, Kees Christaanses monumentaler Backsteinskulptur für den Holzhafen, die fehlenden öffentlichen Räume an und kritisiert den verbauten Zugang zum Wasser. Darauf reagiert wiederum der Oberbaudirektor mit der Erklärung des Ist-Zustandes. Und schließlich kritisiert der Architekt Heiner Moldenschardt den zweifelhaften Identitätsbegriff Kossaks, der an dieser Wasserkante geschlossene Volumina aus Backstein für historisch zwingend hält und gibt zu bedenken, daß die Entscheidung über Projekte doch maßgeblich der Kapitallogik folgt. Daraufhin erhält er überhaupt keine Antwort mehr.

Wie selbstbewußter Entscheidungswille dann zur Arroganz der Macht verkommt, konnte man sehen, als ein Anwohner des Holzhafens in wohlgeschwungener Rede Klage darüber führte, daß in zehn Jahren Planungszeitraum mit den dort Lebenden nicht ein einziges Mal gesprochen wurde. Hamburgs oberster Planer entgegnete darauf nur, mit Leuten, die vor zehn Jahren noch nicht und in drei Jahren vielleicht nicht mehr dort wohnen würden, könne man keine Planung abstimmen. Mit solchen Statements wird der allseits begrüßte neue Dialog über die Stadt zur Farce.

Dennoch bietet dieses allmonatliche Gespräch die Möglichkeit, daß sich über einen längeren Zeitraum aus der Äußerung von Ärgernissen eine Kontroverse entwickelt, die den Weg zu besserer Architektur frei macht. Ein Schritt in diese Richtung sind sicherlich, und darin herrschte relativer Einmut, internationale Architekturwettbewerbe wie beim Holzhafenprojekt, wo neben Christiaanse u.a. Richard Rogers und Vittorio Gregotti eingeladen waren. Till Briegleb