Der Schock der Hakennase

■ Antisemitischer Schund, der lange vergessen war und jetzt neu verlegt wird: Die vierbändige Robert-Lowry-Edition

Im 2. Weltkrieg heftete die US-Nation Robert Lowry etliche Tapferkeitsmedaillen an die stolze Brust. 1952 wurde der Kriegsveteran dann gegen seinen Willen in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Zeitgleich stieg sein Bekanntheitsgrad als US-Schriftsteller.

Der Roman Tag, Fremder, der die Liebe eines schwarzen Mittelgewichtlers zu einer weißen, in Greenwich Village lebenden Malerin erzählt, gilt bis heute als sein gelungenstes Buch. Mit dem 1959 erschienenen Roman Lebendig begraben – soeben im Doppelpack mit dem Erzählungsband Aufenthalt in El Paso im Hamburger Verlag Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins erschienen – begann jedoch der Abstieg in die Namenlosigkeit. Seine letzten Gönner verlor Lowry, als er sie zu einer Mitgliedschaft in der „Amerikanischen Nazi-Partei“bewegen wollte.

Die amerikanische Kritik warf Lebendig begraben Antisemitismus vor. Zu Recht. Erzählt werden die Folgen von Schocktherapien, die US-Veteranen in geschlossenen Psychiatrien erfahren hatten. Politisch korrekt und spannend, möchte man meinen. Doch Lowrys Zeilen riechen sehr streng nach der grauseligen Weltverschwörungstheorie, wie sie in den Staaten durchaus populär ist.

Der Protagonist des Romans Jim Ramsey, Redakteur einer Architekturzeitschrift und ehemaliger GI, überschreitet auf dem Highway das Tempo-Limit. Stromstöße und ein fiebrig benommener Langzeittrip durch zahlreiche Nervenkliniken sind die Folge.

Vor allem Vergleiche von jüdischen Seelenklempnern mit deutschen KZ-Aufsehern kommen unerträglich daher und wollen sich zudem als clevere doppelbödige Konstruktion anbiedern. Eine Prise Schwulst und Schund gibt es noch gratis obendrauf. Von all diesem Übel einmal abgesehen gelingt es Lowry einfach nicht, dem Leidensdruck seiner Figuren mitfühlende Transparenz zu verleihen. Wie auch sein Vorbild Hemingway setzt Lowry alleinauf das Stilmittel des Dialogs.

Verwunderlich ist, warum diese völlig zu Recht vergessenen Bücher nun eine Renaissance erfahren sollen und jetzt in einer Auswahledition von insgesamt vier Bänden herausgebracht werden.

Stefan Pröhl/ Birgit Glombitza