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: Gestrandet

„Müde Weggefährten“, So., 23.15 Uhr, ZDF

Öffentlich-rechtliche Grundversorgung am Sonntagabend, made by ZDF: Erst emigrierten die „Lustigen Musikanten“ mal eben nach Kapstadt, dann machte sich Gero von Boehm an der Unsterblichkeit zu schaffen, und schließlich faßte die Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ das Geschehen um Flucht und Überleben nochmal zusammen.

In Zoran Solumuns Episodenfilm drehte sich alles um das Schicksal von in Berlin gestrandeten Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. („Systemwende auf dem Balkan“ hatte eine Ansagerin zuvor den Krieg genannt.) Ein Mann nähert sich hastig einem stehenden, unbeleuchteten und offenbar leeren Zug. Er reißt eine Tür auf, und urplötzlich ist das laute Gezeter von dichtgedrängt in dem Waggon stehenden Menschen zu hören, die nun förmlich durch die offene Tür zu quellen drohen. Ein wunderbar tragikomischer Einstieg. So ging's zwar nicht weiter, doch Solumun war sichtlich bemüht, seinen Film nicht in einem betroffen machenden Holzschnitt erstarren zu lassen. So wie der Redakteur namens Rüdiger (der das Interview-Begehren des ehemaligen Lagerinsassen mit dem Hinweis „das Thema ist durch“ ablehnte) nicht als Bilderbuchschwein daherkam, ging es dem Ex- gefangenen nicht nur um die reine Wahrheit, sondern auch ums Honorar.

Nur manchmal kam's dann doch ein bißchen dicke. Die beiden Frauen, die eine mit schmerzhaftem Milchstau, die andere unendlich hungrig, die sich da auf dem Bahnhof gegenseitig Linderung verschafften – war das nun symbolkräftiges Bild weiblicher Solidarität, sinnfällige Metapher, wieweit der Krieg die Menschen treiben kann oder doch verdammt hart am Kitsch? Wahrscheinlich alles zusammen. Reinhard Lüke