■ Vorschlag: Karg, aber anmutig: Installationen von Ouhi Cha bei Nothelfer
Gezwitscher im Raum. Unwillkürlich meint man, zwei zierliche alte Käfige als Ursprungsort zu erkennen. Aber zwischen den Stäben der glockenförmigen Vogelbauer ist nichts Lebendiges zu sehen. Hier dreht sich ein Spieglein, und außen baumelt ein Stein – hoch über dichter Federfüllung im Käfigsouterrain. Ausgeflogen. Verlassen. Geblieben die Konserve vom Band: „Angel sing for me“. Dazwischen Objektkästen, die das Thema variieren: „Melancholie“ und „His master's voice“, das verfremdete Zitat jener legendären Werbe- Ikone, als Hommage an Nam June Paik. Mit wenigen Fragmenten aus Draht, Metermaß, Landkarte oder Kohlestück baut die koreanische Künstlerin Ouhi Cha ihre kargen, aber anmutigen dreidimensionalen Bilder, Chiffren ihrer persönlichen Odyssee.
Ouhi Chas Werk steht zwischen der kalligraphischen Tradition ihrer Heimat und der modernen europäischen Kunst, wie sie Marcel Duchamp oder das Informel repräsentieren. Die Grenze, die einst in Berlin die Konfrontation zweier ideologischer Systeme markierte, spaltet Korea noch immer. Ouhi Chas Leben und Arbeiten zwischen hier und dort gleicht einem unruhigen Pendelschlag. „A Ship of Odyssee“ heißt eine Reihe von Bildern und Collagen, andere tragen den Titel „Nachtreise“. In den Farben reduziert, fast ganz auf der Grundspannung zwischen Schwarz und Weiß, Dunkel und Hell aufbauend, nur durch Brauntöne ergänzt, zeigen sich subjektive Kartographien. Man findet ferne Anklänge an Maschinenrümpfe, Baupläne, Gänge, Labyrinthe, Schienen.
Verletzlichkeit, aber auch ein Hauch von Ironie sprichen aus der Reihe „Laugh when it's a really serious matter“: an Draht aufgehängte Holzkohle mit Schmauchspuren in weißen Wandkästen. Dem fragilen Charakter der Installation widerspricht das Starre und Ausgelöschte. Ouhi Chas Werke sind Erinnerungsarbeit im Medium der Imagination, stets bemüht um Ausgleich, Harmonie, Leichtigkeit. Michael Nungesser
Bis 18.4., Di–Fr 14–18.30 Uhr, Galerie Georg Nothelfer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen