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Krupp will bei Thyssen kochen

■ Größte feindliche Übernahme aller Zeiten in der deutschen Industrie geplant: Fusion könnte im Ruhrgebiet Zehntausende Stahlarbeitsplätze vernichten

Essen (taz) – Nur wenige Tage nach dem Kohlekompromiß schlagen die Wogen der Empörung schon wieder hoch im Revier. Gestern gingen die Stahlkocher auf die Barrikaden. Ziel ihres Protestes war der oberste Chef der Krupp-Hoesch AG, Gerhard Cromme, der vor mehreren tausend aufgebrachten Stahlarbeitern vor der Konzernzentrale in Essen bestätigte, daß Krupp-Hoesch die Aktienmehrheit bei Thyssen erwerben will – auch gegen den Willen des Thyssen-Managements. Ein Coup, der nach den Befürchtungen der Thyssen-Betriebsräte zur „Zerschlagung“ und „Ausweidung“ des Thyssen- Konzerns führen und Zehntausende Arbeitsplätze kosten würde.

„Wir sind keine Sklaven und lassen uns nicht verkaufen“, schrien wütende Arbeiter dem Essener Konzernchef entgegen. Während Cromme in Essen schon ein Gespräch für den Nachmittag mit Thyssen- Konzernchef Dieter Vogel ankündigte, um mit ihm über „vernünftige Lösungen zu reden“, drohte Vogel in Düsseldorf dem Krupp-Hoesch-Chef an, alle „denkbaren Schritte“ zu unternehmen, „um eine solche Transaktion zu verhindern“.

Auf scharfen Protest ist die geplante Übernahme bei der Düsseldorfer Landesregierung gestoßen. Seine Regierung werde „eine solche feindliche Übernahme keineswegs billigen“, sagte Ministerpräsident Johannes Rau. Im Thyssen-Konzern ruhte gestern weitgehend die Produktion. Man werde bis auf weiteres, so kündigten die Betriebsräte in Essen an, „die Arbeit im Konzern flächendeckend niederlegen“.

Bei Krupp-Hoesch arbeiten derzeit noch 68.000, bei Thyssen etwa 110.000 Menschen. Das geplante Geschäft ist auch gegen den Willen von Thyssen möglich, weil etwa zwei Drittel der Aktien vielen kleinen Aktionären gehören. Mit der Fusion würde der größte Stahlkonzern Europas entstehen – nach den letzten vorliegenden Zahlen von 1995 der drittgrößte der Welt.

Bei der deutschen Stahlindustrie ging in den vergangenen fünf Jahren bereits jede zweite Stelle verloren. Von den derzeit noch 115.000 Beschäftigten sollen selbst nach optimistischen Prognosen bis zum Jahr 2000 weniger als 100.000 bestehenbleiben. J.S./rem Tagesthema Seite 3

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