Nachgefragt
: Unpolitisch helfen

■ Ein Spendenparlament für Bremen?

In der Bremer Sozialbehörde gibt es ein neues Referat für Ehrenamt, Fundraising, Social Sponsoring. Referentin Andrea Frenzel-Heyduck will mit einer Vortrags-Reihe ihr Thema öffentlich vorantreiben: Gestern stellte Katharina Weyandt, Pressesprecherin des Diakonischen Werkes Hamburg, das Hamburger Spendenparlament in Bremen vor. Gegründet vom Leiter des Diakonischen Werks im Frühjahr '96 akquirierte das Hamburger Parlament mit inzwischen 2.700 Mitgliedern rund 660.000 Mark Spenden zur Unterstützung sozialer Projekte. In seiner letzten Sitzung entflammte ein Streit darüber, ob asylsuchenden Jugendlichen ein Rechtsbeistand bezahlt werden soll. Kann ein Spendenparlament unpolitisch sein? Katharina Weyandt im Interview.

taz: Hat das Hamburger Spendenparlament seine politische Unschuld verloren?

Katharina Weyandt: Wenn Unschuld eine Art allgemeiner Harmoniestimmung ist, dann wäre diese verloren, denn so eine hitzige Diskussion war neu.

Mit dem Ergebnis, daß der Antrag nicht abgewiesen wurde. Bedeutet das eine Festlegung auf eine politische Richtung?

Sagen wir besser, daß das Spendenparlament strittige Fragen nicht ausklammert. Das Gremium wird weiter offen diskutieren, aber es wird sich auch künftig nicht parteipolitisch äußern. Obwohl viele vermuten, daß wir das mit dieser Entscheidung bereits getan haben.

Es gab Austritte, und eine Frau, die sich selbst als „links“bezeichnet, äußerte Bedenken, daß es bei so viel politischer Offenheit auch mal zu einem „rechtslastigen“Mehrheitsbeschluß kommen kann.

Diese Frau war ein Einzelfall. Andere sind extra eingetreten, weil sie das gut finden, daß das Spendenparlament vor solchen Problemen die Augen nicht verschließt. Ansonsten sagen wir: Wer lieber direkt an ein Projekt spenden will, soll das tun.

Wie ist denn dann Ihr Selbstverständnis? Was können Sie, was andere nicht können?

Wir können Anschubfinanzierungen für ganz unbekannte Projekte geben. Und wir können durch unsere Größe und die entsprechende Spendenmenge viele Anträge positiv bescheiden.

Es hieß, das Parlament wolle die soziale Erwärmung vorantreiben. Entheben Sie damit die politisch Verantwortlichen ihrer sozialen Verantwortung?

Das ist der Politikvorwurf von der anderen Seite: Wir könnten Feigenblatt sein. Da passiert doch eigentlich eher das Gegenteil: Viele Menschen werden über sozial Schwache informiert und protestieren in den entsprechenden Gremien dann gegen Kürzungen.

Haben Sie eine Lobby geschaffen?

Unbedingt. Wir wurden auch schon aufgefordert, uns definitiv zu der einen oder anderen Sache zu äußern. Eine Erklärung zur Schließung des Hafenkrankenhauses hat das Spendenparlament aber nicht abgegeben.

Warum nicht?

Die Anfrage kam zu spät, und das Thema ist doch ziemlich komplex.

Sie haben jetzt auch in Bremen das Spendenparlament vorgestellt. Glauben Sie, daß Ähnliches hier realisierbar ist?

Da bin ich immer vorsichtig. Bremen ist auch Hansestadt... und hat vielleicht eine dem förderliche politische Kultur.

Fragen: Silvia Plahl