„Lasse Sie rausschmeißen!“

■ Der des Dopings bezichtigte Boxer Graciano Rocchigiani sagt, er sei unschuldig, und verläßt nach kurzem Geplänkel den Raum

Berlin (taz) – Was war das jetzt wieder für ein Auftritt von Graciano Rocchigiani? Am besten fragt man zur Klärung dieser Frage einen Profi. Also. Er war „von hohem Unterhaltungswert“. Sagt Hans Mahr. Der ist Informationsdirektor bei RTL und muß es wissen. War er womöglich etwas kurz geraten? „Kurz?“ fragte Mahr, verneinte und präzisierte dann: „Kurzweilig.“

Es lief folgendermaßen: Berufsboxer Rocchigiani (33) hatte in einem Berliner Hotel gestern zu seiner positiven Doping-A-Probe sehr kurz Stellung genommen („ich habe nichts genommen, das ist nicht meine Art“), sich danach weitere Fragen verbeten, ansonsten er den Raum verlasse. Und? Eine Minute später war er weg, nachdem sich das angedrohte Entfernen („Lasse Sie rausschmeißen, ist das klar?“) eines Fragers als problematisch erwiesen hatte.

Klar ist: Der Kölner Dopingforscher Wilhelm Schänzer hat nach Rocchigianis verlorenem WM- Kampf im August gegen Dariusz Michalczewski das unerlaubte Aufputschmittel Ephedrin in des Boxers Urin festgestellt. Klar ist auch, daß Rocchigiani dafür nicht gesperrt wurde, weil es aus bisher unterschiedlich erklärten Gründen nie zur Untersuchung der inzwischen verrotteten B-Probe kam.

Schnell hat sich eine fleißige Allianz zur Verteidigung des Halbschwergewichtlers gebildet, der am Samstag in Berlin gegen den US- Amerikaner John Scully den ersten von drei Kämpfen für Vertragspartner Sauerland Promotion und RTL abzuliefern hat (Gegenwert: 5 Millionen Mark). Im Auge des Orkans steht trutzig Managerin Christine Rocchigiani, die alles abstreitet und wie gewohnt diverse Klagen gegen Ungläubige androhte. Veranstalter Wilfried Sauerland offenbarte beim Verteidigen Probleme. Einerseits referierte er über eine B-Probe, die womöglich „knapp unter“ der beanstandeten Grenze gelegen haben könne. Andererseits sagte er: „Ich bin grundsätzlich gegen Doping. Hätte ich gewußt, daß es einen Dopingfall gibt, hätte ich ihn natürlich nicht verpflichtet.“

Ob sich Rocchigiani mit seinem Kurzauftritt einen Gefallen getan hat, ist schwer zu sagen. Spricht das für ihn, oder spricht es gegen ihn? Oder sagt es gar nichts? RTL-Informationsdirektor Mahr ist, das muß man sagen, angenehm realistisch. „Wenn man einen Rocky verpflichtet“, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken, „muß man sich auf einiges gefaßt machen.“ Er ist gefaßt. Kann er sein. Wie es aussieht, wird die Geschichte letztlich hauptsächlich eines bewirken: eine höhere Einschaltquote.

Als sich die Aufregung etwas gelegt hatte, konnte man an ein Tischlein gehen, wo relativ allein ein Herr namens John Scully saß. „Wenn er es getan hat, hat er es getan“, sagte der. Auch für ihn spielt das im Prinzip keine Rolle. pu