■ Mit Fusionen auf du und du
: Aktie gegen Aktie

Berlin (taz) – Elefantenhochzeiten sind teuer. Für ein Unternehmen, sagen wir Krupp, mag es zwar durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein, ein anderes Unternehmen, zum Beispiel Thyssen, aufzukaufen. Aber wenn Krupp den Thyssen-Aktionären für ihre Aktien 435 Mark das Stück bietet, wären 6,3 Milliarden Mark für die Mehrheit an Thyssen fällig. Und wenn Krupp diese Summe über Kredite finanziert, wird der Konzern jahrelang an den Schulden zu kauen haben.

In den USA ist seit einigen Jahren daher eine andere Methode der Firmenübernahme populär geworden: per Aktientausch. Auch im Fall von Krupp wurde sogleich spekuliert, ob der Stahlkonzern den Thyssen- Aktionären für ihre Aktien im Tausch eine bestimmte Anzahl Krupp-Aktien anbietet. Möglicherweise könnte Krupp dafür vorher eine Kapitalerhöhung vornehmen, das heißt neue Aktien ausgeben.

Bis vergangenes Jahr wurde in den USA noch jede Fusion über eine Milliarde Dollar als „Megadeal“ bezeichnet. Die Maßstäbe verschoben sich aber, als Walt Disney ankündigte, für fast 19 Milliarden Dollar den Medienmulti Capital Cities/ ABC zu kaufen – Aktientausch macht's möglich; nur noch die Hälfte des Deals wurde mit echtem Geld bezahlt.

Auch andere in den letzten Monaten bekanntgewordene Übernahmen wären undenkbar ohne Aktientausch: British Telecom will für 21 Milliarden Dollar MCI Communications übernehmen; die Fusion von Boeing und McDonnell Douglas kostet immerhin noch 13,3 Mrd. Dollar. In den angelsächsischen Ländern ist bereits von einem Boom bei Merger & Acquisitions (Fusionen und Übernahmen) die Rede.

In Deutschland ist diese Methode noch eher unüblich, aber im Kommen. So verkauft Hoechst sein Spezialchemiegeschäft an die Schweizer Firma Clariant und übernimmt dafür 45 Prozent der Clariant-Aktien. Ein Sprecher der Deutschen Bank erwartet, daß diese Fusionen über Aktien hierzulande noch deutlich zunehmen werden. Schließlich befinde man sich mitten in einem Strukturwandel, der ohne weitere Firmenzusammenschlüsse kaum denkbar sei. Nicola Liebert