Monika Haas überraschend aus U-Haft entlassen

■ Wegen „Landshut“-Entführung angeklagte Frankfurterin nach über zwei Jahren auf freiem Fuß. Staatsschutzsenat: Weiter Tatverdacht, aber keine Fluchtgefahr

Frankfurt/Main (taz) – Nach über zwei Jahren Untersuchungshaft ist die 48jährige Frankfurterin Monika Haas seit Mittwoch abend wieder in Freiheit. Ihr Verfahren vor dem 5. Strafsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts hatte im Januar 1996 begonnen. Sie ist als Waffentransporteurin bei der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ im Herbst 1977 von Mallorca nach Mogadischu angeklagt. Ihre Tatbeteiligung hatte sie immer wieder heftig bestritten. Der dringende Tatverdacht jedoch, so betonte das Gericht gestern, bestehe weiterhin.

Allerdings sei eine Fluchtgefahr bei der Höhe der eventuell zu erwartenden Strafe nicht mehr gegeben, denn diese müsse erheblich niedriger sein als die der Flugzeugentführerin Souhaila Andrawes. Diese war kürzlich in Hamburg zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, nachdem sie als Kronzeugin Haas zuerst belastet und diese Aussage dann später wieder zurückgezogen hatte. Außerdem wies das Gericht darauf hin, daß eine Strafe im Fall Haas auch „vorzeitig ausgesetzt werden“ könne und damit „ein Fluchtanreiz“ nicht mehr bestehe.

„Ich sitze hier“, hatte Monika Haas schon vor Monaten im Gerichtssaal gesagt, „for nothing.“ „Rechtsbeugung“ und „Freiheitsberaubung“ hatte sie dem Staatsschutzsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts und der Bundesanwaltschaft vorgeworfen. Das Gericht hatte sich zuvor mehrfach gegen eine Haftentlassung der Frau entschieden. Gestützt wurde diese Entscheidung außer auf die Aussage von Andrawes auch auf vom Bundesgerichtshof als unzulänglich für eine Verurteilung bewertete Stasi-Akten.

Auch etliche Zeugen der ehemaligen Staatssicherheit hatten die Unterlagen, die Haas nicht nur als Waffenlieferantin, sondern auch als Mehrfachagentin von Geheimdiensten diskreditierten, im nachhinein nicht als besonders brisant oder zuverlässig eingestuft. Verteidiger Armin Golzem kommentierte die Entscheidung gestern vorsichtig. Sie dürfe „nicht den Blick dafür verstellen, daß die Vorwürfe weiter aufrechterhalten werden“. Die Bundesanwaltschaft, die sich immer wieder mit aggressiven Attacken gegen Verteidigung und Angeklagte gewandt hatte, legte sofort Beschwerde ein. Über sie wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entscheiden.

Bundesanwalt Homann verwies auf einen im Libanon inhaftierten Zeugen, der inzwischen ausgesagt habe, er habe Haas damals von Bagdad nach Algier begleitet. Haas, Frauenbeauftragte der Frankfurter Universitätskliniken, meldete sich gestern früh bei ihrem Arbeitgeber zurück und entschuldigte ihre Abwesenheit gleich mit einem weiteren Gerichtstermin. Ein Ende des Verfahrens ist vorerst nicht abzusehen. Heide Platen