Kein frischer Wind in Sasel

„Bestialischer Gestank“: BürgerInnen und GartenbesitzerInnen klagen gegen eine Verwertungsanlage für Gartenabfall  ■ Von Heike Haarhoff

Selbst bei strahlendem Sonnenschein deckt Frau Krämer ihren Kaffeetisch „grundsätzlich draußen und drinnen“. Und zwar „nicht, weil ich eine Regen-Pessimistin bin“. Frau Krämers Problem ist vielmehr der Wind. Denn der „weht oft ganz schlecht“.

Schlecht, darüber ist sich Frau Krämer mit sämtlichen Nachbarn am Volksdorfer Weg in Sasel einig, schlecht ist immer dann, wenn die Stürme von Süden her kommen und den „bestialischen Gestank“von der nahen Kompostanlage für Garten- und Grünabfälle der Stadtreinigung heranwehen. „Dann“, bestätigt ein Nachbar hinterm Gartenzaun, „ist hier kein Sitzen mehr.“Von der „Wertminderung, die unsere schönen Häuser und Grundstücke seitdem erfahren haben“, wolle er lieber gar nicht reden.

Statt dessen klagt er zusammen mit der „Bürgerinitiative gegen die Kompostanlage am Volksdorfer Weg“gegen eben die Ursache, die der BI vor drei Jahren Namen und Gründungsimpuls gab. Nur 120 Meter von den schmucken Saseler Einfamilienhäusern entfernt, auf der anderen Straßenseite des Volksdorfer Wegs, ist „der unerträgliche Gestank“nicht nur riech-, sondern auch sichtbar: 4500 Tonnen Laub, Äste und andere Gartenabfälle pro Jahr werden seit 1994 mit Kränen auf den sogenannten „Holzbrecher“gehievt und geschreddert.

Anschließend vergammeln sie auf zwölf langgestreckten, hüfthohen Erdbergen, die aussehen wie überdimensionierte Maulwurfshügel – so lange, bis Äste zu Erde und Rinde zu Staub und aller Gartenabfall zu erdigem Kompost geworden ist. An Tagen wie gestern riecht das wie Weihnachtsbaum-Konzentrat zu Ostern, „aber“, klagen die Anwohner, „kommen Sie doch mal an heißen Sommertagen wieder“. Kinder könnten dann vor lauter Übelkeit nicht mehr draußen spielen, Frau Krämers Kaffeekränzchen, wie gesagt, nicht mehr im Grünen tafeln und Frau Bornemann, so wird berichtet, habe von den durch die Lüfte schwirrenden Pilzsporen „schwere Allergien bekommen und das sogar schon im Fernsehen berichtet“. „Meine Frau klagt“, ist ihr Gatte sichtlich angenervt über Nachfragen der Presse.

„Es stimmt, daß es zu Geruchsbelästigung kommen kann, wenn die Hügel gewendet werden“, räumt Stadtreinigungs-Sprecher Reinhard Fiedler ein. Einmal pro Woche müssen die Mieten umgesetzt werden, zur Durchlüftung, und um den Zerfall zu beschleunigen. Diese Notwendigkeit wollen auch die Nachbarn erkennen, aber, so finden sie, die Kompostanlage gehöre entweder verlegt oder eingehaust. Einen Teilerfolg hat die BI jetzt erreicht: Nachdem auch die Spürnasen des TÜV in einem Gutachten zu dem Schluß kamen, daß es stinkt, hat die Stadtreinigung die jährlich erlaubte Kompostmenge jüngst halbiert. „Nur“, grübelt Reinhard Fiedler, „die Anlage war stets ausgelastet, wird vor allem von den Anwohnern rege genutzt.“Auch erfreue sich der Kompost großer Nachfrage als Dünger.

Die Anlieger weisen diese „Unterstellung“naserümpfend zurück: „Ich jedenfalls“, betont Frau Krämer, „lasse immer eine Firma kommen, die das Laub abholt.“

Wohin das wohl gelangt?