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Staatsknete für Leo Kirch

Mit Hilfe ihrer Förderbank will Bayerns Landesregierung jetzt das Imperium des Münchener TV-Unternehmers retten  ■ Von Lutz Meier

Das Institut hat einen edlen Namen. Auch die Aufgabe der bayerischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA) ist dem Gemeinnutz verpflichtet: Die landeseigene Bank vergibt zinsgünstig kleine und mittelgroße Kredite an Mittelständler und Tourismusunternehmen, die bei den Geschäftsbanken keine Chance haben.

Jetzt spannt die CSU-Landesregierung die staatliche Anstalt für größere Ziele ein: Der in München ansässige konservative TV-Unternehmer Leo Kirch, Herrscher über das größte deutsche Fernsehimperium, soll über die LfA einen Milliardenkredit bekommen. Das Geld soll dem klamm gewordenen TV- Herrscher neue Investitionsmittel verschaffen. Damit würde zum erstenmal in Deutschland ein Medienkonzern direkte staatliche Finanzunterstützung erfahren.

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge würde Kirch das Geld von seinen Hausbanken ohne die Absicherung durch den Gemeinschaftskredit der LfA nicht mehr bekommen. Jede der Kirch-Banken ist bei der Finanzierung des Moguls bereits bis an den Rand ihrer „Großkreditgrenze“ geraten, über die sie nicht gehen darf, bestätigte LfA-Vorstandschef Rupert Pfeffer. Zu Kirchs Finanziers gehörten bislang neben seinem Hausinstitut, der Deutschen Genossenschaftsbank, die Berliner Bank, die Bayerische Vereinsbank, die Hypo- und die Commerzbank. Von der Vereinsbank ist bereits bekannt, daß sie in dem Konsortium dabei ist. Eine halbe Milliarde des Geldes, das Kirch nun über die staatliche Anstalt zufließt, soll sogar direkt aus den Fördertöpfen der LfA fließen. Zuständig für die Bewilligung: der bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU), der dem LfA-Verwaltungsrat vorsitzt. Gestern wollte das Gremium über die Finanzspritze sprechen. Sowohl die LfA wie das bayerische Wirtschaftsministerium haben die Pläne unterdessen bestätigt.

Die CSU-Landesregierung läßt damit ihre Staatsbank bei einem Risiko einspringen, das einem ausgewiesenen Spieler, den angloaustralischen Medienmogul Rupert Murdoch, zu groß war. Der hatte sich vor zwei Wochen nach mehrmonatiger Prüfung von Kirchs Finanzunterlagen von seinem geplanten Milliardenengagement bei dem Digitalprojekt DF 1 des Müncheners zurückgezogen, weil ihm das Wagnis zu groß erschien. Leo Kirch, der dafür bekannt ist, mit dem Geld seiner Finanziers große Risiken einzugehen, hat sich bei DF 1 in großem Maßstab verkalkuliert. Statt der 700.000 Abonnenten, die der Pay-TV-Sender dieses Jahr nach Kirch-Ankündigungen erreichen sollte, krebst er bei allenfalls 30.000 herum.

Kirchs Problem: Im letzten Jahr ist er bei US-Medienunternehmen Verpflichtungen in Höhe von über zehn Milliarden Mark eingegangen, um ein Monopol bei Filmrechten im Pay-TV-Bereich zu erlangen. Dazu kommen Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe gegenüber den Lieferanten seines digitalen Empfangsdecoders d-box, den er hochsubventioniert an die Kunden abgibt. Die Verluste von DF 1 werden laut Schätzungen nach den ersten beiden Jahren Ende 1997 bei 700 Millionen liegen. Auch anderen Kirch-Sendern geht es nicht gut: Das kriselnde Sat.1 beklagt sinkende Werbeerlöse, das Deutsche Sportfernsehen hat Millionenverluste in dreistelliger Höhe eingefahren, und Pro 7, offiziell im Besitz von Kirch-Sohn Thomas, ist von Leo Kirchs Filmlieferungen abhängig. Auf seinen zahllosen Film- und Sportrechten (z.B. Fußball-Weltmeisterschaft), die im Digitalzeitalter als das wertvollste Gut im Medienbereich gelten, fußte das Kirch-Imperium bislang. Wegen dieses Schatzes ist kaum zu erwarten, daß die finanziellen Schwierigkeiten Kirchs auf einen bevorstehenden Zusammenbruch des Konzerns hindeuten. Der TV-Mogul hat sich nur einmal mehr verkalkuliert – diesmal, indem er alles auf die Karte digitales Bezahlfernsehen setzte, die aber im mit analogen Programmen gut versorgten Deutschland bislang nicht so zu ziehen vermochte wie auf dem US-Markt, dessen Gesetze Kirch als Zukunftsvision vorschweben. Eben haben Analysten, wie das Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos, ihre ohnehin skeptischen Voraussagen für den digitalen Bezahlfernsehmarkt nach unten korrigiert. In der Vergangenheit waren es häufig öffentlich-rechtliche Sender (wie das ZDF) oder private Geschäftsfreunde (wie Metro-Kaufhof-Eigner Otto Beisheim) gewesen, die Kirch aus der Klemme geholfen hatten. Zu seinen politischen Protegés gehört Bundeskanzler Kohl.

Unklar ist, wie sich der bayerische Finanzierungsplan mit den EU-Beihilferegelungen verträgt, die staatliche Unterstützungen im Wettbewerb genau reglementieren.

Kommentar Seite 10

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