Sinnlose Verteuerung von Krankheit

■ Ersatzkassen erhöhen Beiträge. Patienten zahlen doppelt

Berlin (taz) – Bittere Pillen für alle, die bei einer Ersatzkasse versichert sind. Am Freitag genehmigte das Bundesversicherungsamt das Ansinnen von zehn Ersatzkassen, ihre Beiträge zu erhöhen. Alle Ersatzkassen sind davon betroffen, bis auf die Hamburg- Münchener. Ohne diese Mehreinnahmen wäre die Leistungsfähigkeit der Ersatzkassen bedroht, sagte ein Sprecher des Versicherungsamtes gestern.

Die neue Regelung tritt ab 1. April in Kraft. Die Barmer Ersatzkasse etwa hebt ihre Beiträge bundesweit auf 13,9 Prozent an. Derzeit liegen die Beiträge im Westen noch bei 13,4 und im Osten bei 13,5 Prozent. Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) wird von ihren sechs Millionen Versicherten 0,1 Prozentpunkte mehr verlangen. Bei ihr liegt der Satz künftig bei 13,6 Prozent. Die Versicherten der Ersatzkassen müssen sich allerdings auf weitere Schröpfungen gefaßt machen. Im Vorfeld hatte Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) Beitragserhöhungen mit zusätzlichen Erhöhungen der Zuzahlungen für Rezepte und Heilmittel gekoppelt. Im Klartext heißt dies für Ersatzkassen-Versicherte, daß sie ab dem 1. April bei einer ärztlichen Medikamentenverordnung pro Packung fünf Mark mehr zahlen müssen. Gegenwärtig beläuft sich der Satz auf vier Mark. Für die kleinste Packungsgröße müssen Patienten dann neun Mark berappen. Ab Juli zahlen sie dazu noch die von Seehofer allgemein verordnete Erhöhung der Zuzahlungen. Dann kostet die kleinste Medikamentenpackung für Mitglieder einer Ersatzkasse vierzehn Mark, AOK- Patienten zahlen neun Mark. Mit dieser Regelung hat Seehofer die Ersatzkassen in die Klemme gebracht. Zumindest die DAK will das Strafgeld für die Patienten nicht akzeptieren. Mit der Koppelung von Beitragserhöhung und zusätzlicher Zuzahlung habe Horst Seehofer den Vertrauensschutz der Ersatzkassen mißbraucht, sagte ein Sprecher der DAK in Hamburg gegenüber der taz. Sollte der Gesundheitsminister darauf beharren, werde die DAK notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Vor Wochen hatte Seehofer seine Gesundheitsreform mit dem großen Defizit der Kassen begründet; 1996 fehlten ihnen 6,3 Milliarden Mark. Durch die neue Zuzahlungsregelung ab Juli will er 4,7 Milliarden in ihre Haushalte pumpen. Annette Rogalla