Geiseldrama von Lima vor friedlicher Lösung

■ Die Garantiekommission präsentiert einen Kompromißvorschlag, der die Freilassung von MRTA-Gefangenen einschließt. Geiseln morgen 100 Tage in Haft

Buenos Aires (taz) – Das Geiseldrama in der Residenz des japanischen Botschafters in Lima könnte noch vor Ostern zu Ende gehen. Seit Montag liegt ein Kompromißvorschlag auf dem Tisch. Erarbeitet wurde er von der Garantiekommission, die die Gespräche zwischen der „Revolutionären Bewegung Túpac Amaru“ (MRTA) und den Vermittlern beobachtet. Peruanischen Presseberichten zufolge sieht der Vorschlag vor, daß die Guerilleros nach Kuba ausreisen und die Regierung im Gegenzug etwa 200 bis 250 MRTA-Gefangene vorzeitig aus der Haft entläßt. Es soll sich dabei um die Gefangenen handeln, denen keine „terroristischen Aktionen“ zur Last gelegt werden. Zusätzlich sollen japanische Firmen, deren Mitarbeiter zu den Geiseln zählen, mehrere Millionen Dollar bereitstellen. Das Geld soll in Armenvierteln verteilt werden. Den Geiselnehmern werde darüber hinaus Straffreiheit garantiert.

Die Garantiekommission hatte sich in den vergangenen Tagen mit dem peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori und dem MRTA- Chef Nestor Cerpa Cartolini getroffen. Dabei sei verabredet worden, daß das MRTA-Kommando mit einigen Geiseln, Mitgliedern der Garantiekommission und dem kubanischen Botschafter nach Havanna ausfliegen kann. Anschließend sollen die von der MRTA bestimmten Gefangenen aus den peruanischen Gefängnissen freigelassen werden. Schon am vergangenen Wochenende hatte die japanische Tageszeitung Yomiuri berichtet, die MRTA hätte eingewilligt, nach Kuba auszureisen. Allerdings wurde diese Nachricht von keiner Stelle bestätigt.

Angeblich haben sich Regierung und MRTA bereits darüber geeinigt, daß keiner der Botschaftsbesetzer wegen des Sturms auf die Botschaft strafrechtlich belangt werden kann. Alle MRTA- Aktivisten in der Residenz des japanischen Botschafters erhalten demnach eine Amnestie. Außerdem soll der Kopf des Kommandos eine Botschaft an die Welt abgeben können.

Noch hat Präsident Alberto Fujimori auf den Vorschlag der Garantiekommission nicht offiziell reagiert. In der Vergangenheit hat er stets betont, daß eine Freilassung von MRTA-Gefangenen nicht in Frage käme. Doch nach der jüngsten Unterredung mit dem als Vermittler tätigen katholischen Erzbischof Juan Luis Cipriani hieß es in einer Erklärung aus dem Präsidentenamt, man wolle auf dem Weg des Dialogs zu einer unblutigen Lösung kommen. Cipriani sagte, das Osterfest sei ein guter Anlaß für eine „schnelle, friedliche und für beide Seiten akzeptable Lösung der Krise“. Er überbrachte Fujimori auch eine Botschaft von Papst Johannes Paul II. Morgen befinden sich die verbliebenen 72 Geiseln 100 Tage in der Hand ihrer Entführer. Ingo Malcher