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■ DaumenkinoJaguar

Ein brasilianischer Indianerhäuptling wird in ein Flugzeug nach Paris verfrachtet. Nackte Füße steigen aus einer Großraumlimousine – unser Häuptling hat nichts an außer seinem Indianerschmuck. Er trifft auf einen eingefleischten Rationalisten, dem er zur Begrüßung an die Nase faßt und im Tausch gegen seinen Mantel eine Perlenkette schenkt. Ratioman Perrin (Musiker und Schauspieler Patrick Bruel) ist genauso vernünftig, wie sich beseelte Euroschamanen Deppen vorstellen, die nicht kapieren wollen, daß kosmische Kräfte unsere Autos mit lenken und Bankkonten manipulieren. Er hat ziemlich grobe Schuldeneintreiber am Hals. Und dann klemmt sich auch noch Oberschamane Wanu an den Ersatzreifen seines Jeeps und folgt ihm barfuß bis in sein Appartement.

Jedesmal wenn der Schamane Mist baut, folgt ihm sein Bewacher Campana (gespielt von Leon dem Profi, Jean Reno), immer voll des Verständnisses für die Kindereien eines Wilden im Großstadtdschungel.

Was eine bitterböse, witzige Komödie über europäische Exotismus-Phantasien hätte werden können (à la „Früher holte man sich die Wilden ins Haus, damit sie den Abwasch machen, heute schleift man sie auf Pressekonferenzen zum Regenwaldschutz“), verbosselt der französische Regisseur und Drehbuchautor Francis Veber zu einer pädagogisierenden Mischung aus Seelenwanderungs-Roadmovie und Action-Klamauk.

Der Indianer kommt auf die Intensivstation und kann nur gerettet werden, wenn sein „Auserwählter“ Perrin, seine, Wanus, Seele zwischen Moskitos und Lianen wiederfindet. Und – schwupp – spielt Jaguar fortan im brasilianischen Urwald. In durchgeschwitzten Freizeithemden kämpfen Perrin und Campana gegen neue Verfolger. Jedesmal wenn Perrin in Gefahr gerät, geht Wanus Herzschlag in Paris auf 180. Der Schamane überträgt seinerseits übermenschliche Kräfte auf Perrin. Das verhilft dem Film zu einer hübsch trashigen Schlägerei, bei der die Bösen wie trockene Brötchen durch das brasilianisches Dorfwirtshaus fliegen. Sofort schöpft man Hoffnung, aber auch der Rest ist ernstgemeinter Seelenwanderungsquark. Darauf einen Fitzcarraldo. Andreas Becker

„Jaguar“. Regie: Francis Veber

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