Das Portrait
: Happy Birthday, Mr. Dirigent!

■ Mstislaw Rostropowitsch

Die steile Karriere des Cellisten und Dirigenten Mstislaw Rostropowitsch war in der Sowjetunion de facto beendet, als er Solschenizyn in seinem Haus Unterkunft gewährte. Dabei geschah dies keineswegs aus „Überzeugung“, sondern aus Mitleid angesichts der beengten Wohnverhältnisse der Solschenizyns, während er selbst doch ein so großzügiges Landhaus bewohnte.

Unversehens sah Rostropowitsch sich daraufhin jedoch als Dirigent ohne Orchester wieder: Am Bolschoitheater dürfe er erst dann wieder dirigieren, wenn er einen Protestbrief gegen Sacharow unterschrieben habe. Vielmehr schrieb er jedoch einen offenen Protestbrief, in dem er u.a. die mangelnde Meinungsfreiheit anprangerte. Zu einer Tournee ausreisen durfte er noch – mit nachfolgender Aberkennung der Staatsbürgerschaft.

Rostropowitsch kam in Baku zur Welt und nahm den ersten Cellounterricht bei seinem Vater, einem Schüler von Casals. Später ging er nach Moskau, wo er u.a. Komposition bei Schostakowitsch studierte, fühlte sich aber bald eher zum Dirigenten berufen. Im Westen setzte er sich mit Nachdruck für Prokofjew und Schostakowitsch ein (deren „Krieg und Frieden“ bzw. „Lady Macbeth von Mzensk“ dort nahezu unbekannt waren), ohne sich jedoch auf slawische Komponisten zu kaprizieren oder das westeuropäische klassisch-romantische Repertoire zu vernachlässigen.

Rostropowitschs persönliche Vorliebe gilt Messiaen. Als Chefdirigent des National Symphony Orchestra/ Washington gab er zahlreiche Kompositionen bei Zeitgenossen in Auftrag. Sein Stil – sowohl als Dirigent wie auch als Cellist – ist eher unprätentiös. Wie viele Dirigenten, die ihre Solistenlaufbahn weiterverfolgen, legt er großen Wert auf die Klangfarbe und die dramaturgische Ausarbeitung, die eindeutig die Gefühlsebene des Publikums ansprechen soll. Allerdings ist er auch keiner, der „den Hahn aufdreht“. So spielt er Bachs Solo-Suiten weit objektiver, durchsichtiger, als sein Mentor Casals es tat, wobei allerdings zu Casals' Zeiten diese Suiten auch noch regelrecht Terra incognita waren. Rostropowitsch, der als legitimer Nachfolger Casals' gelten darf, antwortete Mitte der achtziger Jahre auf die Frage, wieso er sie bis dato noch nie komplett aufgenommen habe, mit den verständlichen, aber dennoch etwas tiefstapelnden Worten: „Ich bin noch nicht soweit.“ Annette Lamberty