Gentech-Osterhasen made in Switzerland

■ Ministerin legalisiert genmanipuliertes Lezithin gegen großen Widerstand

Basel (taz) – Was in der EU längst auf dem Tisch landet, gibt in der Schweiz noch Anlaß zu juristischem Fingerhakeln: genmanipuliertes Soja des Agromultis Monsanto. Kurz vor Weihnachten hatte das Bundesamt für Gesundheit grünes Licht für das Inverkehrbringen des umstrittenen Eiweißspenders gegeben. Umwelt- und VerbraucherInnenverbände hatten damals den Entscheid mit einer Beschwerde quittiert.

Am Dienstag nun gab die eidgenössische Gesundheitsministerin Ruth Dreifuss bekannt, auf diese Beschwerde nicht einzugehen. Ab sofort ist in der Schweiz deshalb Gentech-Soja in Majonnaise, Fertigsuppe und Schokolade erlaubt.

Wie schnell der aus Soja gewonnene Hilfsstoff Lezithin in Gentech-Qualität in die Schokomasse gelangen kann, wurde am letzten Freitag deutlich. Ausgerechnet die weltberühmte Toblerone mit ihrer dreieckigen Alpenform wurde vom Berner Kantonslabor unter die Lupe genommen und als genmanipuliert enttarnt. 250 Tonnen Toblerone und noch mal soviel übrige Markenprodukte des Konzerns Kraft-Jacobs-Suchard wurden vorläufig aus dem Verkehr gezogen. Am Montag reagierte der schweizerische Schokoladenfabrikantenverband Chocosuisse: Bleibe Gentech-Soja verboten, erwäge man die Verlagerung der Produktion ins Ausland.

Jetzt hat die Sozialdemokratin Dreifuss auf die „Schoggi-Drohung“ reagiert und Gentech-Soja legalisiert. „Eine billige Erpressung der Industrie“, kommentiert Simonetta Sommaruga, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz. Kritik üben auch die Umwelt- und VerbraucherInnenverbände: Die „skandalöse Zulassung“ mißachte die Ablehnung von Gentech-Food in der Bevölkerung, weshalb man vor das höchste Schweizer Gericht ziehe.

Auch wenn genmanipulierte Soja schon bald in Schweizer Ladenregalen liegen wird, ganz hilflos sind die KonsumentInnen nicht. Denn kann in einem Produkt Gentech-Erbgut nachgewiesen werden, muß das Lebensmittel als „GVO-Erzeugnis“ (= gentechnisch veränderter Organismus) bezeichnet werden. Im Fall von Schokolade etwa genügt es, wenn die DNA im Lezithin nachgewiesen wird. Für die eidgenössische Schokoladenindustrie bedeutet dies, daß sie ihre Pralinen, Osterhasen und Weihnachtsmänner schon bald mit dem wenig appetitlichen Vermerk „GVO-Erzeugnis“ markieren muß. Allerdings nur die für das Inland bestimmte Ware, denn noch ist unklar, wie in der EU deklariert werden muß.

Noch gibt es aber Notbremsen gegen den Dammbruch der Gentechnologie im Alpenland. Zum einen wird die Soja-Klage vor dem höchsten Gericht weiterverfolgt, zum anderen gibt es die Gen- Schutz-Initiative. Das Volksbegehren verlangt ein Verbot von Patenten auf Leben, von Freisetzung genmanipulierter Organismen und von Gentech-Tieren. Pieter Poldervaart