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: Bodenständige Zombies

„Rohe Ostern“, Di., 20.15 Uhr, RTL2

Das Rezept für den deutschen Fernsehfilm ist ziemlich einfach: Man nehme hinlänglich bekannte Gesichter wie Jürgen Vogel, Thomas Heintze oder Katja Flint, gebe ein aktuelles Thema (z.B. Pädophilie) hinzu und würze das Ganze mit Zitaten aus amerikanischen Roadmovies. Was unten rauskommt, kann man dann mit einem Etikett nach Gusto versehen. Beim Großproduzenten Sat.1 heißt diese Dauerwurst z.B. selbstironisch „Der große Sat.1-Film“, bei RTL2 die „Jungen Wilden“, was soviel bedeutet, daß wild subsumiert wird, was nicht zusammenpaßt. So konnte niemand ahnen, daß der/ das zweite „TV-Movie“ nach einem völlig mißratenen Auftakt in Form eines Eugen-Drewermann-goes-Natural- Born-Killer-Plots (und Gertrud Höhler fährt im Hühnerstall Motorrad) zu einer so wohldosierten Zombie-Komödie geraten würde – mit Dialogen, die anscheinend das Leben geschrieben hat und nicht die Viva-Generation unter den Drehbuchautoren.

Dabei war die Geschichte so simpel wie bescheuert: Der Architekturstudent Frieder stirbt durch einen Stromschlag beim Kaffeekochen auf der Baustelle, muß aber im Jenseits feststellen, daß er Opfer einer Verwechslung geworden ist, weil der Sachwalter des Sensenmanns (wunderbar bürokratisch-vertrottelt: Axel Milberg) schlampig gearbeitet hat. Um der Reihenfolge der Abschußliste Genüge zu tun, kehrt Frieder ins Leben zurück und versucht seinen Freund zum Selbstmord zu überreden, um selbst weiterleben zu können.

So eine Story geht gemeinhin schief, doch diesmal waren nicht nur wunderbar bodenständige Schauspieler zu bewundern, sondern viel Liebe zum Detail. So glaubte man doch tatsächlich in einer der Szenen, das Matratzenmuster auf der Wange einer Schlafenden erblickt zu haben. Das kann aber Einbildung gewesen sein.

Überdies gelang es dem Regisseur, die reichlich überdrehte Screwball-Komödie in den entscheidenden Momenten auf Normalmaß zurückzustutzen: So erschien die Altbau-WG mal nicht als Rammelbude in deutscher Kinotradition, und auch die Hölle war lediglich eine kafkaeske Mischung aus Lazarett und Jugendfreizeitheim, in der sich die genervten Toten beim Tischtennisspiel langweilen. Selten im deutschen Fernsehen, daß Phantasie mal nicht mit Knalleffekten gleichgesetzt wird. Oliver Gehrs