Tiergarten wird ausgebootet

■ Finanzverwaltung entzieht dem Bezirk Tiergarten die Zuständigkeit für Verkauf des Klingelhöferdreiecks. Entmachtung wird mit Hauptstadtbelangen begründet

Der Bezirk Tiergarten geht bei den Verkaufserlösen der Filetgrundstücke auf dem Klingelhöferdreieck leer aus. In einem Schreiben der Finanzverwaltung an den Bezirk lehnt diese die Zuständigkeit des Bezirksamts Tiergarten bei den Verhandlungen mit den Investoren ab. Als Begründung wurde darauf verwiesen, daß das Land ein großes Interesse an der „Realisierung des Bauwettbewerbs als Gesamtmaßnahme“ habe und es sich bei dem Areal um eine „Hauptstadtaufgabe“ handle. Dem Bezirk gehen dadurch Einnahmen bis zu 25 Mill. Mark verloren, die er sich durch den Verkauf von Wohnungs- und Geschäftsgrundstücken erhofft hatte. Die Finanzverwaltung kann nun mit den Investoren Groth + Graalfs, die eine Option auf die Bebauung haben, direkt verhandeln.

Das Verfahren habe die Finanzverwaltung an sich gezogen, sagte Frank Zimmermann, Sprecher im Hause Fugmann-Heesing, weil das Areal – ebenso wie das Regierungsviertel im Spreebogen – mit den dort vorgesehenen Botschaften sowie der CDU-Parteizentrale zur übergeordneten Hauptstadtplanung zähle. Die Zuständigkeit liege darum – auch für die rund geplanten 200 Wohnungen – beim Senat, so der Sprecher. Nach einem Beschluß des Abgeordnetenhauses sollen die Bezirke bei Grundstücksverkäufen für den Wohnungsbau mit 50 Prozent an den Erlösen beteiligt werden. Im Falle einer „Hauptstadtplanung“ gehen sie allerdings leer aus.

Tiergartens Baustadtrat Horst Porath (SPD) ist über diese Entscheidung sauer. „Der finanzielle Verlust“, erklärte Porath, „ist für den Bezirkshaushalt besonders schmerzlich.“ Die Entscheidung der Finanzverwaltung sei ein weiteres Indiz dafür, daß das Land bei der Planung des Regierungsviertels dem Bezirk kein Mitspracherecht einräumt. Porath: „Hinter den Schlagwörtern ,gesamtstädtische Hauptstadtaufgabe‘ und ,übergeordnete finanzpolitische Interessen‘ verbirgt sich erneut die Entmachtung des Bezirks.“ Dem Senat gehe es statt um Beteiligung und Stadtentwicklung allein ums Geld, so der Baustadtrat.

Ungehalten über den Beschluß ist Porath auch deshalb, weil das Bezirksamt erst am vergangenen Dienstag den Bebauungsplan (B-Plan) für das Klingelhöfer-dreieck verabschiedete. Er wird nun in den Planungsausschuß weitergereicht und zur vorgezogenen Bürgerbeteiligung ausgelegt. Der B-Plan war in die Kritik gekommen, da die Investoren Groth + Graalfs an dessen Erstellung nicht nur beteiligt waren, sondern sich zugleich eine Option auf die Realisierung der Bauvorhaben haben eintragen lassen. Rolf Lautenschläger