■ Treuhand-Nachfolgerin verkauft Ostwerften für eine Mark: Endloses Trauerspiel
Deutschland hat ein Herz für ausländische Investoren, wie gewinnorientierte Unternehmer neuerdings euphemistisch heißen. Selbst dann sind sie hochwillkommen, wenn sie nicht investieren, sondern sich lediglich in die Chefsessel von Weltklasseunternehmen setzen. Was dann passiert, müssen die deutschen Steuerzahler als wahre Investoren subventionierter Betriebe dem freien Spiel des Marktes überlassen.
So werden sich an den Skandal um die Veräußerung der Ostwerften für eine Mark weitere Skandale anschließen. Denn warum sollte der zukünftige Besitzer der Stralsunder Volkswerft oder der Meerestechnikwerft Wismar die Anlagen nicht abbauen? Warum sie nicht am Jangtsekiang oder rund ums Chinesische Meer wieder aufstellen?
In China baut man dank deutscher Steuergeschenke seit einigen Jahren Hochseeschiffe dort, wo füher allenfalls Holzboote gezimmert wurden. Deutsche Ingenieure zeigen als Entwicklungshelfer in Sachen Schiffbau den chinesischen Kollegen, wie aus einer Dschunke ein Containerschiff wird. Und die durch die Abschreibungsmöglichkeiten für Schiffbaufinanzierungen üppig ausgeschütteten Milliarden haben nach Südkorea längst auch China erreicht.
Das stört in Deutschland niemanden, denn bislang fallen für die hiesigen Werften noch genug Subventionen ab.
Man kann der Treuhand-Nachfolgerin BvS und der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern zwar nur gratulieren, daß sie sich im Sommer vergangenen Jahres entschieden hatten, die Modernisierung der Ostwerften abzuschließen. Denn ausnahmsweise schienen die Privatisierer einmal etwas Positives mit den Milliarden anzufangen: die Ostseewerften wettbewerbsfähig machen und dafür in Kauf nehmen, daß die unproduktiven und nicht rentablen Werftenstandorte im Westen schließen müssen. Daß die BvS allerdings nicht in der Lage ist, ihre Vertragspartner zu kontrollieren, hat ja bereits der erste Käufer der Ostwerften gezeigt. 1992/93 setzte Vulkan-Chef Hennemann die Treuhand unter Druck und schwatzte sie ihr für einen einstelligen Millionenbetrag ab. Dann flossen die Treuhand-Milliarden, bis das Geld im Westen versickert war. Schade eigentlich, aber die Staatsschatulle gab noch eine weitere Milliarde Mark für den Weiterbau her. Das Trauerspiel wird weitergehen. Auch den nächsten Besitzer wird die BvS nicht halten können. Ulrike Fokken
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