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„Familie ruhiger“

■ Das 3:0 beim HSV verhindert neue ungeklärte Situationen beim FC Bayern

Hamburg (taz) – Erst nach Spielschluß hatten es die Münchner richtig eilig. „Wir müssen noch den Flieger kriegen“, drückten die Gäste plötzlich aufs Tempo. So blieb Giovanni Trapattoni nur wenig Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzulegen. „Schwierige Aufgabe“, sagte der Bayern-Trainer, „viel Druck, sehr spannend.“

Das war überaus höflich, eine nett gemeinte Aufmunterung vom nicht geforderten 3:0-Sieger, der gerade sein viertes Spiel hintereinander gewonnen hatte. Aber stimmig? Eigentlich – das wußte auch der 58jährige Übungsleiter – war die Partie „schon fertig“, als Hamburgs Harald Spörl vorzeitig vom Platz mußte, weil „Lumpi“ Christian Nerlinger umgehauen hatte. Das war nach 19 Minuten, und da hatte der Spitzenreiter schon mit 1:0 beim mittlerweile zweiten Hamburger Abstiegskandidaten geführt. Die restliche Zeit an diesem schmuddeligen Samstagnachmittag übten sich die Bayern weitgehend ungestört in der Perfektionierung ihrer zuletzt so punkteträchtigen und meisterschaftskampfschonenden Spielweise: Wie schaffen wir es, uns nicht übermäßig anzustrengen, ohne daß irgend jemand auf die Idee kommen könnte, dies sei Arbeitsverweigerung oder in Zeiten von mehr als vier Millionen Erwerbslosen sonstwie schändlich?

Besonders engagiert beteiligte sich Mario Basler an diesem (Spiel-) Feldversuch. Manch einer im ausverkauften Volksparkstadion wollte den 28jährigen Kartenzocker und Spielbankkenner in „überragender Form“ beobachtet haben. Wenn zu dieser Bewertung ein „schönes Tor“ (Trapattoni) und eine ordentlich geschlagene Flanke langt, kann man das so sehen. Man konnte aber auch sehen, daß „Super-Mario“ derzeit mit seinem Mundwerk schneller ist als am Ball und an der Medienfront aktiver als im Mittelfeld des FC Bayern.

Seinem Trainer machte das nichts, er ließ den Mann „ohne Selbstvertrauen“ (Basler über Basler) durchspielen – alle anderen auch. Er habe schon „viele solcher Spieler gehabt“, sagte Trapattoni, welche „mit besonderer Persönlichkeit“. Da sei Streit manchmal gut: „Klärt Situation, Familie ruhiger.“ Schade, daß der Signore so gehetzt wurde. Sonst wäre es noch ein nettes Plauderstündchen geworden.

Bayern München: Kahn - Matthäus - Babbel, Helmer - Zickler, Witeczek, Basler, Nerlinger, Ziege - Rizzitelli, Klinsmann

Zuschauer: 57.590; Tore: 0:1 Klinsmann (16.), 0:2 Basler (43.), 0:3 Helmer (64.)

Rote Karte: Spörl (19.) wegen groben Foulspiels

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