Waigel: „Ich habe mich nie an das Kreuz der drei Prozent schlagen lassen“

Berlin (taz) – Ist 3 gleichbedeutend mit 3,0? Die Antwort auf diese Frage muß nach dem EU-Finanzminister-Treffen in Noordwijk neu beantwortet werden. „Drei ist drei“, bekräftigte Finanzminister Theo Waigel zwar gestern. Aber eben nicht 3,0, wie bis vor wenigen Wochen von ihm behauptet. Die Auslassung der ersten Dezimalstelle hinter dem Komma eröffnet Waigel ungeahnte Freiheiten. Im Vertrag von Maastricht steht nämlich etwas ungenau, daß die jährliche Neuverschuldung eines Staates „3 Prozent“ nicht überschreiten dürfe. Dann qualifiziert sich ein Land noch für die Währungsunion ab dem 1. Januar 1999. Wenn Waigel also auf die „strikte Einhaltung“ der Kriterien pocht, bleibt die Marge der Neuverschuldung so nebulös wie bisher.

„I've never nailed myself to the cross of three percent“ — wörtlich „ich habe mich nie an das Kreuz der drei Prozent nageln lassen“ —, bekannte Waigel der Financial Times. Damit ermöglicht er sich selbst, die Verschuldung über 3,0 Prozent zu halten und gleichzeitig bei der Währungsunion dabeizusein. Gleichzeitig beruhigen die Worte das deutsche Wahlvolk. Denn Waigel kann mit Fug und Recht auf den Vertrag verweisen, der „keinen Interpretationsspielraum“ offenlasse. Da sind „3 Prozent“ eben drei. Oder nicht? ufo