Pinguinforscher mit Karzinom

■ Ein klarer Fall für das Betäubungsmittelgesetz: Die neue Krankenschwestern-Serie „St. Angela“ (18.55 Uhr, ARD)

Schon das Motto der ARD-Ankündigung sinkt grottentief unter jeglichen Werbeslogan für das Goldene Blatt: „Wir wissen, was Frauen wünschen!“ heißt es da in großen Lettern. Wenn das stimmt, was der sogenannte Prätest der „Ersten Reihe“ ergeben hat, um noch irgendwie rechtfertigen zu können, die Krankenschwestern- Serie „St. Angela“ ins Vorabendprogramm gehievt zu haben – ja dann, Mädels, können wir einpacken. Demnach werden angeblich 74 Prozent der TV-Träumerinnen zwischen 14 und 49 Jahren auf die kommenden zwölf Folgen (39 sind geplant) total abfahren.

Also los: Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die psychischen Problemzonen dreier Azubis um die 20 Jahre im Pflegedienst: Jo (Davia Dannenberg), Susanne (Sylvia Leifheit) und Felix (Björn Kegel-Casapietra). Dagegen ist die Sendung „Gute Zeiten, schlechten Zeiten“ ein knallharter Dokumentarfilm, „Die Rettungsflieger“ ernstzunehmendes Seminarmaterial für angehende Mediziner und „Das wahre Leben“ mindestens einen Oscar wert. Aus diesen drei Töpfen wurden wahllos alle verdorbenen Zutaten als Drehbuch-Allerlei unter dem Namen „St. Angela“ zusammengemixt. Herausgekommen ist ein Produkt mit Brechreiz-Garantie, dessen Nebenwirkungen Sie am besten beim Programmdirektor erfragen.

Das Privatleben der drei Pflegeschüler spielt sich zwischen Pickelcreme, „Pankreas corpus carzinom“ und einem todkranken Pinguinforscher in der gemeinsamen Luxus-WG ab. Wie die Miete von dem Gehalt ihrer postpubertierenden Bewohner bestritten werden kann, bleibt weitgehend ein Rätsel. Nur einmal gerät Felix in Finanznot, aber er entgeht knapp dem Offenbarungseid durch eine Samenspende im Gegenwert von 150 Mark. So einfach ist das in der Praxis. Sämtliche Jugendliche, ob arbeitslos oder in der Ausbildung, werden aufjauchzen angesichts dieser pfiffigen Tips aus dem Klinikalltag und die neuesten Enthüllungen über Tic Tac Toe gelangweilt in die Tonne drücken.

In der ersten Folge geht es heute abend um Magengeschwür, Mißhandlung und Schwärmerei für den Stationsarzt Dr. Mauch. Hat die Serie „St. Angela“ tatsächlich Erfolg, dann fällt sie eindeutig unter das Betäubungsmittelgesetz. Bricht sie beim ersten Sehtest ein, können wir aufatmen. Denn jede Operation wäre Gebührenverschwendung, dieser Patientin können wir nur den Quotentod wünschen. Caroline Schmidt-Gross