Supermärkte schmeißen Thomy raus

Erpresser wollten mit der Senfvergiftung angeblich nicht nur diesen Hersteller treffen. Höhe der Forderung unbekannt. Drei betroffene Supermärkte bleiben bis Ende der Woche zu  ■ Von Gudrun Giese

Berlin (taz) – Die Erpressung der Nestlé-Tochter Thomy hat erhebliche Konsequenzen für den Hersteller von Senf und Mayonnaise: Die Ketten Lidl und Condi sowie Tengelmann für seine Plus- Filialen beschlossen, vorerst Thomy-Produkte aus den Regalen zu nehmen. Am Dienstag hatte die Polizei in einem Saarbrücker Plus- Markt mit Blausäuresalz (Zyanid) präparierten Senf der Firma gefunden sowie vergiftete Mayo in einem Regensburger Condi-Markt.

Die Erpresser sind vermutlich auch für einen ähnlichen Fall im vergangenen August verantwortlich, bei dem Thomy-Feinkostsaucen in drei Supermärkten in Kassel, Dortmund und Hannover verunreinigt worden waren. Ob es sich damals ebenfalls um Gift gehandelt hat, wird von der Polizei nicht bekanntgegeben. Im aktuellen Fall kündigten die Erpresser mit einem Brief an Thomy die Vergiftung von Produkten an, darunter wurde auch noch ein Lidl-Markt in Bremen konkret benannt. Dort hat die Polizei bisher keine zyanidverseuchten Lebensmittel gefunden.

Gleichwohl wurden die Filialen sofort geschlossen und die Kunden aufgefordert, sämtliche seit dem 1. April dort erstandenen Waren gegen Erstattung des Kaufpreises zur Polizei zu bringen. Allein in Bremen brachten VerbraucherInnen rund drei Tonnen Lebensmittel zurück. Eingehender würden lediglich Produkte untersucht, die Anzeichen für einen äußeren Eingriff erkennen ließen, erklärte Peter Borchardt von der Frankfurter Polizei, die federführend ermittelt. Die Täter hatten das Blausäuresalz in die Senftube injiziert.

Nach Einschätzung der Frankfurter Polizei haben die Erpresser im aktuellen Fall die drei Supermärkte treffen wollen. In dem Schreiben an Thomy habe ausdrücklich gestanden, daß „dieses Mal nicht nur Thomy-Produkte“ betroffen seien. Um so unverständlicher ist es aus Thomy-Sicht, daß Lidl, Condi sowie Tengelmann in seinen Plus-Filialen sämtliche Produkte der Nestlé-Tochter aus allen Supermärkten entfernt hätten. Die drei Filialen in Saarbrücken, Regensburg und Bremen sollen laut Polizei Ende der Woche wieder geöffnet werden.

Im Moment ist unklar, welche Forderungen die Erpresser mit ihrer Vergiftungsaktion verbinden. In dem Schreiben hätten sie sich dazu nicht geäußert, so die Frankfurter Polizei. Sie hält sich mit Angaben zu früheren Forderungen der Erpresser zurück, um nicht eventuell Täterwissen bekanntzumachen. Allerdings sei der jetzige Brief der erste überhaupt seit der ebenfalls den Tätern zugeschriebenen Vergiftungsankündigung in einem Münchener HL-Markt zur Jahreswende 96/97. Thomy wünsche sich jetzt, so erklärt Peter Borchardt von der Frankfurter Polizei, daß sich die Erpresser „auf dem bekannten Weg“ an die Firma wendeten, um ihre Forderungen zu nennen.

Die jetzige Aussortieraktion dürfte Thomys Umsatz schmälern. Nestlé setzt nach Schätzungen von Branchenkennern mit Senf und Mayonnaise dieser Marke jährlich annähernd 300 Millionen Mark um, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Allerdings kündigten Handelskonzerne wie Spar, Metro und Kaufhof an, Thomy-Produkte vorerst weiter anzubieten.