Sterben für die Haute Couture

Morgen geht in Frankfurt die weltweit größte Pelzmesse „Fur and Fashion“ zu Ende. Die Branche kann sich über kräftige Zuwächse freuen: 1996 stieg der Gesamtumsatz des Pelzhandels um sechs Prozent auf insgesamt 1,9 Milliarden Mark. Gleichzeitig ging der Gesamtumsatz der Bekleidungsindustrie um zwei Prozent zurück. Die deutschen Kürschnerbetriebe legten gar um 12 Prozent auf 410 Millionen Mark Umsatz zu. Die Pelzflaute der Achtziger scheint also vorbei, die Glanzzeiten der Siebziger, als die Branche rund drei Millarden Mark umsetzte, sind noch in weiter Ferne.

Viele Designer haben wieder Spaß am Pelz. Gucci & Co. garnieren ihre Kreationen mit kleinen Pelzstückchen. Der neueste Schrei: Außen hui und innen pfui – Pelz als Innenfutter.

Wie die Pelze in die Jacken kommen, steht allerdings nicht auf den Etiketten. Fuchs und Nerz sind die gängigsten Felle. Für ein kuscheliges Pelzmäntelchen müssen rund 50 Nerze, 13 Füchse oder 8 Robben geschlachtet werden. Nerze und Füchse werden vergast, per Elektroschock, durch Genickschlag oder mit Giftinjektion getötet, Robben totgeknüppelt. Der Großteil der Tiere, rund 70 Prozent, kommt aus Pelzfarmen. Einsamer Spitzenreiter bei der Nerzzucht ist Dänemark mit jährlich 9 Millionen vergasten Tieren. Sie fristen in einem Käfig von der Größe einer Apfelsinenkiste sechs Monate ihr Leben, bis sie „pelzreif“ sind. Bei den Füchsen ist Finnland Nummer eins: 2 Millionen Tiere werden produziert. Nordisches Klima und neueste Kältetechniken machen es möglich, die Tiere bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad zu halten. Dann wächst das Fell besonders schnell und dicht.

Die Farmtiere sind gefräßig: Für die Herstellung eines Fuchsmantels müssen im Schnitt 1,1 Tonnen Futtermittel aufgebracht werden. Bei Nerzen sind es 3,3 Tonnen. Besonders gern fressen die Pelztiere Fisch. Baltischer Hering wurde so üppig verfüttert, daß diese Fischart inzwischen als „bedroht“ eingestuft ist.

In Deutschland pflegen fast 1.200 Betriebe das Kürschnerhandwerk, 10 Prozent weniger als noch vor fünf Jahren. Ausschlaggebend für den Rückgang sind Rationalisierung und zunehmende Verlagerung der Produktion ins osteuropäische Ausland.

Wahrhafte Ökos müssen auch weiterhin auf die Pelzpracht verzichten: Pelz mit Ökosiegel gibt es nicht. Oliver Schilling