Aus der Welt gefallene Räume

■ Der Schweizer Künstler Ugo Rondinone stellt beeindruckend diverse Arbeiten aus

Tagebuchblätter zwischen verregneter Tristesse und hartem Sex, mit gemaltem Text und comichaften Illustrationen führen in die Welt von Ugo Rondinone. Doch es wäre gefährlich, in den bildlichen und textlichen Aussagen das wirkliche Leben des Schweizer Künstlers erblicken zu wollen. Denn der 30jährige wechselt dandyhaft seine Kunstmittel: Er sprayt der Op-Art entlehnte Farbscheiben, wechselt in manipulierten Fotos die Geschlechterrollen, macht Videos und baut für jede Ausstellung eigene Räume.

Letztes Jahr vertrat Rondinone die Schweiz auf der Biennale von Sao Paulo, der größten Kunstveranstaltung Südamerikas und der drittwichtigsten Ausstellung der Welt. Jetzt hat ihn Cato Jans nach Hamburg geholt. In seiner Galerie „Der Raum“am Klosterwall grinst ein weiß auf braun an die Wand gemalter Clown die Besucher an. Seit fünf Jahren subsumiert der Künstler seinen komplexen Gehirnzirkus in die Rolle des traurigen Spaßmachers.

Diese Thematik wird seit dem 19. Jahrhundert von Literaten und Malern als Analogie zum Künstler zitiert und dargestellt, so bei Picasso und Rouault oder heute bei Bruce Naumann und Jonathan Borofsky. Hier ist die Figur neben dem neugebauten Durchgang eine Art Motto beim Eintritt in den vom Künstler veränderten Raum.

Ugo Rondinone hat zwischen den Arbeitsplatz des Galeristen und seine eigene Welt eine Bretterwand gezogen und die Fenster verrammelt. Unter Kunstlicht und einem von Zigarettenketten wolkig verhängten Himmel bieten drei über drei Meter große, schwarz-weiß getuschte Landschaftsbilder einen nostalgischen Ausblick in eine gezeichnete Weltwahrnehmung wie vor 150 Jahren. Obwohl präzise auf den Juni letzten Jahres datiert, sind diese romantischen Landschaftseindrücke in ihrer tapetenhaft aufgeblasenen Dimension ein unwirklicher, fast halluzinierter Traum.

Eine zeitlupenhafte, ebenso schräge wie einlullende Musik aus etlichen über die Bretterwand verteilten Lautsprechern unterstützt dazu das Bestreben, den Ort von der Realität zu lösen. Entstanden ist ein aus der Welt gefallener Raum, bei dem meditative Ruhe auf der Kippe zu hysterischen Zuständen steht und Drogen nicht weit sind.

Hajo Schiff

„Tender Places come from no-thing“, Galerie Cato Jans – Der Raum, Klosterwall 13, Di-Fr 12-18 Uhr, noch bis 18. April