Ein Buch als persönliches Monument

■ Großer Andrang bei der Vorstellung des neuen Buchs von Lea Rabin im Haus der Jüdischen Gemeinde. Eine Diskussion mit dem Publikum war nicht vorgesehen, dafür florierte der Verkauf des Buches "Ich gehe we

Blaulicht, Bodyguards, verschärfte Sicherheitskontrollen im Haus der Jüdischen Gemeinde: Lea Rabin ist gekommen, um ihr neues Buch vorzustellen. 15 Mark kostet die von Rachel Salamanders Literaturhandlung organisierte Veranstaltung, ein stolzer Preis; Lesungen, die die Jüdische Volkshochschule anbietet, kosten die Hälfte. Dennoch: Der große Gemeindesaal ist bis auf den letzten Platz besetzt, und auf der Straße stehen noch viele, vor allem junge Leute, die vergeblich ihre Pappschildchen „suche Karte“ in die Luft halten.

Lea Rabin, in Königsberg geboren, ist Repräsentantin des „guten“ Israel, und sie hat ein gewinnendes Wesen. Ein bißchen schüchtern sitzt sie hinter dem Wall von Mikrophonen, aber dann begrüßt sie die ZuhörerInnen mit „liebe Freunde, liebe Schwestern“, und wer ihr nicht schon vorher zugejubelt hat, tut es jetzt. Die Botschaft, die sie weitergeben möchte, steht auf dem Titel ihres Buchs, das dieser Tage zeitgleich in mehreren Ländern erschien, in Deutschland bei Droemer-Knaur. „Ich gehe weiter seinen Weg“ heißt es. Es sind die Erinnerungen an ihren Mann Jitzhak Rabin, ermordet am 4. November 1995 von einem jüdischen Fundamentalisten, vor den Augen einer riesigen Menschenmenge, die das Friedensabkommen zwischen Israel und der PLO feiern wollte. „Das Buch ist mein persönliches Monument, das ich meinem Mann aufgebaut habe“, sagt sie. Natürlich sei es „nicht immer hundertprozentig objektiv“, aber „ich will der Welt erzählen, wie wichtig ihm der Friedensprozeß für sein Land war“ und was er für ein wunderbarer Mensch gewesen ist.

Die Passagen, die sie auf deutsch vorliest, sind genau die Mischung, weshalb Lea Rabin heute in Israel eine Symbolfigur für diejenigen geworden ist, die „Bibi“ Netanjahu vorwerfen, das Land in den Abgrund zu steuern. Sie ist eine Botschafterin für das Lebenswerk ihres Mannes und zugleich Hoffnungsträgerin, daß sein Kampf für eine Aussöhnung mit den Palästinensern vielleicht doch nicht vergeblich war. Sie ist eine Politikerin, und wirklich deutlich wird dies im anschließenden Podiumsgespräch mit Rachel Salamander. Kein Wort zum neuen Siedlungsbau in Ost-Jerusalem, zu einem möglichen Wiederaufflammen der Intifada. Dafür der Optimismus, daß die Friedenseisenbahn, die ihr Mann anschob, einmal weiterfahren wird. Man will es ihr glauben, auch wenn die Signale derzeit auf Rot stehen. Eine Diskussion mit dem Publikum war nicht vorgesehen, und so endete der Abend routiniert und deshalb etwas enttäuschend. Aber nicht für die Literaturhandlung. Die verkaufte stapelweise das Buch Lea Rabins, die geduldig signierte. Anita Kugler