Warum ist die Ziege nackt?

Oder die ungewöhnliche Art, einen ungewöhnlichen Film zu finanzieren: Frank Duske und Stefan Krauss gewinnen ihr zukünftiges Publikum platzkartenweise als Koproduzenten  ■ Von Britta Steffenhagen

Will man einen Film produzieren, dann wendet man sich an die entsprechenden Filmförderungsanstalten und stellt sein Konzept vor. Das hat Frank Duske auch gemacht. Leider fiel sein Antrag in die Zeit von Haushaltsloch und staatlichen Kürzungen, und wer will unter diesen Bedingungen einen Film mit dem dubiosen Titel „Die nackte Ziege“ fördern? Kreativität ist (k)eine Frage des Geldes – Frank Duske hat kein Geld bekommen, aber der junge Regisseur und Drehbuchautor und sein Freund und Schauspieler Stefan Krauss hatten eine Idee – sie machen die Zuschauer zu Koproduzenten.

Bekannt sind ja die schokoladigen Überraschungseier mit plastenem Inhalt oder die sogenannten Sneak Previews, bei denen die Besucher bezahlen, ohne zu wissen, welchen Film sie in wenigen Minuten sehen werden. Wer möchte, kann jetzt schon eine Platzkarte für einen Film erwerben, dessen Drehbuch zwar schon lange ausgearbeitet ist, der aber erst im nächsten März Premiere hat. Durch den Kauf der Karte heute wird der Film von morgen finanziert. Genaueres über Plot und Besetzung bleibt allerdings noch geheim.

Die „Ziegeasten“ Frank Duske und Stefan Krauss versprechen aber, daß ihr Debütfilm „nicht nur auf eigenwillige Art außerhalb der Strukturen des Filmgeschäfts zustande kommen soll“, sondern vor allem gegen die Verflachung der Phantasie kämpft, unter anderem mit Witz, Flaubert, Rilke, Atom Egoyan und Magritte.

„Die nackte Ziege“ soll sich auch mit verschiedenen Wahrnehmungsformen beschäftigen. „Der Film ist vor allem etwas für Leute, die Interesse an Experimenten haben und Erfahrungen machen wollen.“ – Unterhaltung nicht unter Ausschluß des Kopfes. Wer Geburtshelfer werden will, kann bereits für 15 Mark eine der kunstvollen Platzkarten, gestaltet von Jim Avignon (natürlich mit nackter Ziege), erwerben und bis zum Frühjahr aufheben.

Um dann „mit der ganzen geballten Vorfreude ins Kino zu gehen und zu wissen, diesen Stein oder jenen Rockzipfel habe ich mitfinanziert“. Die Karten gibt es in der Filmbühne am Steinplatz, im Eiszeit-Kino, Central, Toni und in der Brotfabrik. Stefan Krauss und Frank Duske ließen ihre Form der unabhängigen Filmförderung steuerrechtlich prüfen und legten kräftig Hand an die Ziege. Bereits 33 Kinos in ganz Deutschland unterstützen allen anfänglichen Skeptikern zum Trotz die Aktion. Hier hängt dann auch Die nackte Ziege aktuell, die allen Ziegeasten Monat für Monat vom Aufwachsen der Ziege berichten soll – Ideenlosigkeit ist das letzte, was man Frank Duske und Stefan Krauss vorwerfen kann.

Den Hirten Duske und Krauss ist die Unabhängigkeit des Projekts wichtig: „Wir haben keinen Produzenten, der uns sagt, wie das Ende des Films auszusehen hat oder wen wir engagieren sollen.“ So kommen auch nicht alle Kinos für sie in Frage. „Wir wollen mit dem Film weg vom Mainstream, und deshalb wird er auch nicht in den großen Premierenkinos laufen, sondern ist für kleinere, alternative Kinos reserviert. Diese Art von Kinos wollen wir unterstützen, und diese Art von Film wollen wir machen.“ Die Projektfinanzen wollen die Ziegeasten auch nicht irgendwo anlegen, sondern bei alternativen Geldinstituten wie der Ökobank. 76.000 Karten würden Frank Duske und Stefan Krauss gerne verkaufen, damit es dann im nächsten Frühjahr hoffentlich „Zicklein, deck dich“ heißen kann. Sollten alle Ziegen reißen, dann bekommen die Käufer 14 Mark zurück – aber: „Wenn mir Menschen schreiben, daß sie es toll finden, daß wir nicht aufgeben und uns was einfallen lassen in dieser vermeintlichen Krisensituation, dann, denke ich, ist die Aktion auch ein Zeichen, das Mut macht, und das ist doch schon eine wunderbare Erfahrung“, sagt Frank Duske. Die Ziegeasten meckern nicht.

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