CDU untertunnelt sich selbst

■ Hemelinger Hickhack: CDU-Fraktionschef und Bausenator bezichtigen sich gegenseitig der Lüge

Der CDU-interne Grabenkrieg um den Hemelinger Tunnel hat gestern an Schärfe zugenommen: CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer und Bausenator Bernt Schulte bezichtigen sich öffentlich gegenseitig der Lüge. Am Dienstag hatte Neumeyer stolzgeschwellt verkündet, der Streit zwischen Bau- und Wirtschaftsressort um die Tunnelbreite sei nun ausgestanden. Beschluß: 13,50 Tunnelbreite und die Option auf eine vierspurige Fahrbahn. Daruf hat Bausenator Bernt Schulte Neumeyer gestern zum Falschmelder erklärt: Keine Einigung! Er votiere weiterhin für eine abgespeckte Version. Reaktion von Niermann gestern: „Wir haben unserer Erklärung gar nichts mehr hinzuzufügen.“Und SPD-Fraktionschef Christian Weber reagiert nur noch genervt: „Abenteuerlich“, findet er die Diskussion. „Wir erwarten, daß der Koalitionspartner das unverzüglich löst.“

Zur Erinnerung: Seit nunmehr 20 Jahren ist der Hemelinger Tunnel in der Diskussion. Im letzten März hatten sich SPD und CDU auf den Bau geeinigt, eine eigene Projektentwicklungsgesellschaft wurde gegründet. Dort kochten die PlanerInnen nun allerdings aus, was seit dem symbolbeladenen 1. April dieses Jahres für Krawall innerhalb der CDU sorgt: Es sei besser, so die These, von den zuerst geplanten 13,50 Meter Tunnelbreite auf eine kleinere, prinzipiell zweispurige Version abzuspecken. Erstens würde diese Variante die Baukosten von 250 auf 230 Millionen Mark drücken, und zweitens reichten zwei Spuren völlig aus. Der Tunnel könnte so 30.000 bis 35.000 Autos pro Tag fassen – die Kreuzung zur Tunneleinfahrt an der Sebaldsbrücker Heerstraße könne sowieso nur maximal 24.000 Autos täglich verkraften. Und deshalb drittens: Sollte die Stadt bei vier Spuren und 13,50 Metern bleiben, würde sie nur eine weitere Verzögerung des Baubeginns provozieren. Jede betroffene AnwohnerIn könne dann im Planfeststellungsverfahren mit einiger Berechtigung einwenden, daß der Tunnel – siehe maximale Kreuzungsbelastung – überdimensioniert sei. Dann müßte noch einmal umgeplant werden, was erstens Zeit und zweitens Geld koste.

Gegen diese Lösung, die Bausenator Bernt Schulte favorisiert, läuft vor allem das Wirtschaftsressort unter Hartmut Perschau (CDU) und dessen Staatsrat Frank Haller Sturm. Und seit Dienstag in deren Windschatten auch CDU-Fraktionschef Neumeyer. Da hatten Schulte und Perschau der Fraktion über den Stand ihres Scharmützels berichtet. Perschau beharrlich über seine Vierspur-13,50 Meter-Lösung, und Schulte über die Schmalspur-Variante. Er sei mit den Chefs vom Bremer Mercedes-Werk in Gesprächen, hatte Schulte erklärt. Die wollten vor allem sicherstellen, daß der Verkehr auch dann fließen könne, wenn ein Wagen im Tunnel liegenbleibt. In der nächsten Woche solle entschieden werden.

Der Dissens zwischen Schulte und Perschau blieb. Das hinderte allerdings Neumeyer nicht daran, noch aus der Fraktionssitzung heraus seine offensichtlich vorbereitete Einigungs-Presseerklärung abzusetzen. Daß Neumeyer bei den Berichten der Senatoren gar nicht anwesend war, so sein Sprecher, spiele keine Rolle: „Dafür hat er ja seine Leute.“Ob damit nicht Schulte demontiert werde? „Quatsch.“

Und SPD-Fraktionschef Weber versteht den Koalitionspartner nicht mehr: „Wenn die so einen Autobahntunnel wollen – sollen wir denn an der Sebaldsbrücker Heerstraße eine Häuserzeile abreißen??? Ich krieg Krämpfe!“ J.G.