Dämmen mit da Vinci

Der Stattbauhof stellte ein luftdichtes Modellhaus vor, an dem Dämmstoffe getestet werden. Das Projekt wird von der EU und Berlin finanziert
■ Von Anne Hofmann

Neben der Mona Lisa und Plänen für Flugapparate verdankt Europa Leonardo da Vinci auch neue Erkenntnisse im klimagerechten Bauen: Das Programm der EU soll die Berufsbildungspolitik der Mitgliedsstaaten erweitern und ergänzen. Gefördert werden der Austausch von Lehrern, Graduierten und transnationale Pilotprojekte. Im Rahmen dieses Projekts stellte die Stattbauhof gGmbH am 11. April auf ihrem Betriebsgelände in Friedrichshain zusammen mit europäischen Partnern aus Norwegen, Portugal und Spanien das Climatizer-Projekt vor. Erkenntnisse über ressourcenschonendes Bauen sollen vertieft und gesammelt werden.

„Der Wärmedämmung kommt im Baubereich eine wachsende Bedeutung zu, da hier entscheidende Ressourcen zur Verminderung der Kohlendioxid-Emissionen liegen“, sagt Reinhard Vogel, Geschäftsführer der Stattbauhof gGmbH. In der beruflichen Bildung werde Wärmeschutz häufig nur als Notwendigkeit vermittelt, ohne zu konkretisieren, wie und warum die entsprechenden Techniken eingesetzt werden und welche bauphysikalischen Zusammenhänge dies erforderlich machen. Diese Lücke zwischen Theorie und Praxis europaweit zu schließen, ist Ziel des Pilotprojekts Climatizer.

Anfang der neunziger Jahre aus Stattbau hervorgegangen, unterstützt die Stattbauhof gGmbH Formen des ökologischen und sozial verantwortlichen Bauens. Stattbauhof ermöglicht benachteiligten Jugendlichen durch eine Erstausbildung den Einstieg ins Berufsleben. An- und Ungelernte werden umgeschult zu Facharbeitern. Fachschulungen vermitteln Kenntnisse im Umgang mit ökologischen Baumaterialien und Verfahrenstechniken. Auf dem Friedrichshainer Betriebsgelände produziert die Tochtergesellschaft der Stattbauhof gGmbH, die Dämmstatt, aus Altpapier den Zellulosedämmstoff Isodan und lehrt dessen korrekte Verarbeitung. Die am Climatizer-Projekt beteiligten europäischen Partner, die Berufsschule Fraena Vidaregaande aus Norwegen, die Ausbildungszentren Zona Franca und MonBlauVerd aus Spanien und die Ingenieurschule Ambicentro aus Portugal haben ähnliche Arbeitsschwerpunkte.

Anders als bei sonstigen EU- Projekten ist als Projektträgerin die Stattbau gGmbH für die Verteilung der Fördermittel in Höhe von rund 290.000 Mark zuständig und der EU hierfür voll verantwortlich. Die Förderung durch die EU deckt jedoch nur 75 Prozent der Gesamtkosten; ein Viertel schießt die Senatsverwaltung für Arbeit und berufliche Bildung zu. Aus der Projektarbeit entstehen Ausbildungsmodule für europäische Baufachausbildungsstätten. Geplant ist ein Kompendium zum winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz in Gebäuden. Bereits fertig- und vorgestellt wurde ein Modellhaus von Auszubildenden der Stattbauhof gGmbH. Dieses Haus in Holzrahmenbauweise, dessen überschaubare Größe zunächst eher an eine Kinderspielhütte erinnert, befindet sich im gemütlichen Keller der Friedrichshainer Arbeitsräume. Es wurde von außen mit unterschiedlichen Dämmstoffen eingekleidet. „Die Auszubildenden können so am praktischen Beispiel Verarbeitungstechniken und Besonderheiten unterschiedlicher Materialien wie Zellulose, Mineralfaser und Styropor kennenlernen“, erklärt Peter Knapp von Stattbauhof, der das Climatizer- Projekt betreut. Das fertige Haus wurde mit Versuchsanordnungen versehen, mit denen zum einen der Wärmedurchfluß durch die verschiedenen Dämmaterialien, zum anderen die Luftdichtheit der Gebäudehülle (in der Wärmeschutzverordnung von 1995 gefordert) überprüft werden kann. Letzteres wird mit Hilfe eines in die Außenwand eingebauten Ventilators bewerkstelligt, der, einmal angestellt, einen leichten Unterdruck im Innenraum erzeugt, so daß nun an den undichten Stellen die Außenluft spürbar hineinzieht.

Bei Fraena Vidaregaande in Molde existiert bereits die norwegische Variante dieses Modellhauses. Ein Video, das den Hausbau dokumentiert und der komplette Bausatz zum Nachbau vervollständigen das Angebot für den europäischen Bildungsmarkt. Das Leonardo-Programm sollte erst zwei Jahre laufen, doch die Teilnehmer am Climatizer streben ein drittes Projektjahr an.