Niere,Blut und Stöhnen

■ „Die Würde des Menschen ist unantastbar“: Kunststudenten zeigen Werke bei Aida

Eine große weißgekalkte Holztafel. Darauf befindet sich eine schwarze Schlagzeile aus der Süddeutschen Zeitung vom 6.12.96: Wieder zehn Zivilisten in Algerien ermordet“. Darüber ein winziges Aquarell, auf dem rote und grüne Farbe ineinander zerlaufen. Vermischt sich hier die Farbe der Hoffnung mit der Farbe des Blutes? Oder stellt das kleine Bild die Emotionen dar, die eine Headline nicht ausdrücken kann? Mit diesen Fragen läßt die Künstlerin Uta K. Below die Betrachtenden der insgesamt zehn Schlagzeilen-Bilder, die sie „Benachrichtigungen“nennt, alleine. Zusammen mit 16 anderen Künstlern und Künstlerinnen hat sie versucht, sich dem ersten Artikel des Grundgesetzes -„Die Würde des Menschen ist unantastbar“- mit Zeichnungen und Objekten künstlerisch zu nähern. Erst in einem Seminar an der HfbK Hamburg und jetzt in einer Ausstellung bei AIDA, der internationalen Vereinigung zur Verteidigung verfolgter Künstler.

Ein Großteil der Arbeiten thematisiert weltweite Diskriminierung, Gewalt und Verfolgung. Annabelle Schmidtsdorffs Ölgemälde zeigt einen Menschen in weiß-blauer Häftlingskleidung. Durch das blau-weiße Flimmern changiert die Figur in verschiedene Zeiten hinein und weckt unterschiedliche Assoziationen von Vernichtung und Haftbedingungen.

Eine skeletthafte, schwarze Figur auf gelb-weißem Grund, fast nichts mehr ist von ihr übrig. Am unteren Rand des Bildes hingekrizelte Angaben: Niere 31780,- Hüftgelenk 1734,32. Lydia Hartmann macht mit diesem Bild auf den zunehmenden weltweiten Organhandel aufmerksam.

Einige Arbeiten zeigen eher subtilere Verletzungen. Textcollage steht Bildcollage gegenüber: auf der einen Seite aneinandergeklebte Worte wie Blut, Girls, Krieg, Stöhnen – auf der anderen Seite Revolverhelden und lachende Frauenmünder aus TV-Zeitschriften. Andrea Huyoffs kritische Textbildkombination über den unreflektierten Umgang der Medien mit Gewalt. Mit pädagogischer Anklage hat die Ausstellung dennoch nichts zu schaffen. Statt ritualisierte Betroffenheit präsentiert sie spannende künstlerische Verfremdungen und Grenzüberschreitungen.

Uschi Behrendt bis 30. April, Mo-Fr 11-13 Uhr und 15-18 Uhr, AIDA, Kleine Rainstraße 1