Erbarmungslos müde statt suchtgefährdet

■ Neue Bühne B 12 eröffnete mit einer selten komischen Tanzproduktion aus Holland

Ein Stück über den Tod? Sechs Menschen sitzen eng beisammen, jeder auf seinem Stuhl geklemmt. Mit ihren Augen stimmt irgend etwas nicht. Was bloß? Schielen sie? Oder sind sie verweint? Was ist das für eine undurchsichtige Stimmung, die um ihre Gesichter quillt und sie so schief erscheinen läßt?

rest, die Tanzproduktion der holländischen Choreographin Sonja Augart beginnt still. Und bleibt es auch lange Zeit, wenn die vier Tänzerinnen und zwei Tänzer die Hände achtsam auf die Oberschenkel ablegen. Erst als die Stimme von Jos Somsen zu minimalistischen Klangspielereien anhebt, wandern kleine Schockwellen durch die Körper.

Eine Tanzbühne „gerade für größere Gruppen“soll die Fabrikhalle am Bullerdeich werden, so wünscht es sich der Hamburger Choreograph Bernd Kühn für seine ausgebauten Trainingsräume. Da die Auftrittsmöglichkeiten für Tanz in Hamburg rar gesät sind, war man zur Eröffnung der Bühne B 12 am Freitag abend mehr als gespannt.

Doch so recht wollte die erste Darbietung nicht gelingen. Im Ansatz ist rest ganz passabel, doch immer fehlt etwas: Kürze zum Beispiel, wenn die erbarmungslosen Wiederholungen müde machen statt süchtig. Oder Aura, wenn der Gesang von Jos Somsen zwar eine hintergründige Architektur liefert, aber nicht souverän genug wirkt. Oder aufgeladener Raum, wenn die Tänzer etwas hölzern ihre Technik präsentieren, anstatt zu spielen.

Dabei ziehen manchmal durchaus eindringliche Bilder auf. Zwei Frauen begeben sich in einer Kopf-Choreographie synchron auf die Suche, kämmen Gelände durch wie watende Vögel. Eine Frau versucht, eine andere an einem aufgestellten Brett aufzurichten, doch der Körper sinkt zusammen wie halbgarer Hefeteig.

Mitten in dieser Tristesse lächelt eine Tänzerin ahnungsvoll. Musik vom Band hebt an – das erste Mal an diesem Abend. „Er“tritt auf die sitzende „Sie“zu und fordert sie zum Tanze auf. Beherzt schreiten sie zur Tat – ja, welcher? Unsicher schaut er sich um. Vielleicht sollte er lieber woanders anfangen? An der nächsten Ecke beginnt dasselbe Spiel. Allmählich steckt die Verwunderte sich an, schaut sich um, gehen wir lieber. Er setzt sie hin. Sie bleibt sitzen, irritiert. Er geht, und etwas in ihm zuckt noch nach. Was zum Teufel war es bloß?

Hier war rest endlich einmal komisch und verstörend. Man hätte sich mehr davon gewünscht. Vielleicht schaffen es ja die Folkwang-Schüler im Juni, die Erwartungen an die neue Bühne zu erfüllen?

Gabriele Wittmann