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■ Nebensachen aus CórdobaUnd es ward Licht in der Moschee

„Ein einzigartiges Spektakel“ sei das größte islamische Gebetshaus in Europa jetzt, sagt der Chef der andalusischen Sparkasse, Miguel Castillejo, und er sagt das so stolz, als habe er die 1.200 Jahre alte Moschee in Cordoba ganz allein renoviert. Mit 700.000 Mark hat seine Bank die Arbeiten finanziert, das technische Know-how lieferte die südspanische Elektrizitätsgesellschaft Sevillana.

96 Lampen mit Energiesparbirnen tauchen den Tempel seit der Karwoche in das Licht, das dort die Gläubigen angeblich bereits im Mittelalter vorgefunden haben. Das Zentrum der Moschee, eine 1523 in den ursprünglichen Bau hineingesetzte Kathedrale, ist heller erleuchtet als die Gewölbegänge der eigentlichen Moschee. Dies nicht etwa, weil das Wahrzeichen des Sieges der Katholiken über die Araber und deren Vertreibung von der iberischen Halbinsel wichtiger sei als die restliche Moschee. Nein, jahrelange wissenschaftliche Studien und ein Vergleich mit den großen Moscheen im Maghreb und verschiedenen Kathedralen in Europa hätten den Ausschlag gegeben. Als „eine Unterstreichung der Kunst des Gebäudes und der Geschichte Spaniens“, lobt der Sprecher der Sevillana, Fernando de Ybarre, das Ergebnis. Die 3.000 in Córdoba lebenden Moslems sehen das anders: Für sie sind Halbdunkel in ihrem Teil und gleißendes Licht in der Kathedrale „eine zweite christliche Eroberung“.

Religiösen Streit gibt es in der Bischofsstadt Córdoba schon länger. Die Moschee untersteht dem Vatikan und damit dessen Stellvertreter vor Ort, Bischof Javier Martinez. „Wir haben immer wieder einen religionsübergreifenden Ausschuß zur Verwaltung und zum Erhalt der Moschee gefordert“, sagt der Vorsitzende der islamischen Vereinigung Yama'a, Alhaken Morrilla Rodriguez. Bisher ohne Erfolg. Die Katholiken würden nach und nach den islamischen Raum des Gebäudes erobern. „Die Nischen und Kapellen mit heiligen Bildern und Marienstatuen nehmen zu.“ Will ein Moslem außerhalb der katholischen Messen beten, muß er sich in die Schlange der Touristen stellen und für neun Mark eine Eintrittskarte lösen. Ist er einmal drinnen, heißt das noch lange nicht, daß er sich ungestört Richtung Mekka wenden kann – dafür sorgen mitunter die uniformierten Wächter eines örtlichen Wachdienstes, die der Bischof unter Vertrag genommen hat. „Selbst von weither angereiste islamische Besucher, die von dem Hickhack hier keine Ahnung haben, wurden schon gewaltsam aus der Moschee geschmissen, nur weil sie sich niederknieten, um zu beten“, protestiert Morilla. Katholische Beichten werden selbstverständlich in der Kathedrale abgenommen, auch Rosenkranzbeten ist erlaubt. „Was hier in Córdoba geschieht, ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Religionsfreiheit all derjenigen, die nicht der katholischen Kirche angehören“, beschwert sich der Yama'a-Sprecher.

Die Vertreter der Stadtverwaltung und die Sponsoren glauben, gerade mit der neuen Beleuchtung der multireligiösen Bevölkerung ihrer Stadt gerecht geworden zu sein. So sind die Lampen, deren Design man sich in Tunesien und Marokko abgeguckt habe, für den Sprecher der Elektrizitätsgesellschaft „ein brüderlicher Respekt gegenüber der moslemischen Welt“. Die Einweihung endete denn auch ganz respektvoll mit einer katholischen Messe, zelebriert durch den Hausherren der Moschee, Bischof Javier Martinez. Reiner Wandler

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