: Metropolenpolitiker schlägt grünen Grufti
■ Hessische Grüne: Tom Koenigs wurde zum neuen Vorstandssprecher gewählt
Frankfurt/Main (taz) – „Die Partei hat das bekommen, was sie verdient hat“, konstatierte Raimar Hamann (45) knapp und mit larmoyantem Unterton seine Niederlage gegen Tom Koenigs (53). Mit nur 130 Stimmen gegenüber 276 für Koenigs hatte der bisherige Vorstandssprecher aus dem Kreisverband Gießen am Sonnabend auf der Landesversammlung der hessischen Bündnisgrünen in Frankfurt da gerade das Rennen um die Position des (männlichen) Vorstandsvorsitzenden verloren. Metropole schlägt Provinz.
Und nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Denn daß der von OB Petra Roth (CDU) von seinem Amt als Kämmerer der Mainmetropole entbundene Umweltdezernent der Stadt ein mit allen politischen Wassern gewaschener Tycoon mit „persönlicher Ausstrahlung“ ist, so Daniel Cohn-Bendit in seiner Wahlkampfrede für Koenigs, konnten auch die Anhänger von Hamann nicht bestreiten.
Um allen Eventualitäten auf dem Parteitag vorzubeugen, hatte sich Koenigs im Vorfeld der Entscheidung die Merheit der Stimmen der Grünen Jugend Hessen (GJH) gesichert – in einem „Doppelbeschluß“. Denn weil der Umweltdezernent Tom Koenigs in Frankfurt nicht gleichzeitig der allzeit präsente Landesvorstandssprecher in Wiesbaden sein kann, wurde der vor zwei Jahren abgeschaffte Posten eines politischen Landesgeschäftsführers wiedereingeführt. Einziger Kandidat dafür: Jens Kröcher (23), Jurastudent in Gießen und Sprecher der Grünen Jugend. Und der Wunschkandidat von Koenigs wurde gewählt. Eine „Hinterzimmermauschelei“ sei das dennoch nicht gewesen, sagte Koenigs, auch wenn eine „Kandidatur im Team“ bei den Bündnisgrünen bislang „unüblich“ gewesen sei. Eine „Hinterzimmermauschelei“ nannten das allerdings selbst Vertreter der Grünen Jugend, die von ihren Kollegen offenbar noch nicht einmal über den Deal informiert worden waren.
Es geht ein Riß durch die Partei und auch durch die in Hessen starke Grüne Jugend. Die draußen vor der Tür blieben und sich dort den Frust von der Seele redeten, waren die „Schmuddelkinder“, die sich sogar noch zu Ackerbesetzungen in Wölfersheim gegen die Einführung der Gentechnologie in der Landwirtschaft hinreißen lassen. Und deren Favorit für den Vorstandssprecherposten war Gen- Tech-Gegner Raimar Hamann. Drinnen feierte der erfolgreiche Nachwuchs den gelungenen Coup mit Koenigs und Kröcher. Der „konservative“ Hamann, hieß es dort, sei eben ein „grüner Grufti“. Und der sieben Jahre ältere Koenigs ein „moderner Metropolenpolitiker mit dem entsprechenden Flair“.
Dagegen regten im Auditorium grau gewordene Grüne vor allem aus den ländlichen Regionen, die sich für Hamann ins Zeug gelegt hatten, sarkastisch die Gründung eines „Seniorenschutzbundes“ in der Partei an. Ein Generationskonflikt bei den Bündnisgrünen in Hessen? Nicht nur. Die Partei müsse sich weiterentwickeln, eine „Erneuerung“ müsse her, hatte Koenigs in seiner Vorstellungsrede gefordert. Neue Politikfelder – Wirtschafts- und Finanzpolitik – seien zu besetzen, auch wenn die Ökologie „in der Mitte der Partei“ zu bleiben habe. Für die meisten der mehr als 400 anwesenden Parteimitglieder war Koenigs an diesem Nachmittag der Garant für diese „Erneuerung“. Und der uralten grünen Grundsätzen verpflichtete Hamann dagegen die Inkarnation des grünen Konservativismus mit einem Hauch von längst überwunden geglaubtem Fundamentalismus. Klaus-Peter Klingelschmitt
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