Bulgariens Opposition übernimmt die Regierung

■ Die antikommunistische Vereinigung der Demokratischen Kräfte erlangt bei den Parlamentswahlen 57 Prozent der Stimmen. Die Vereinigte Linke schafft nur 23

Sofia (taz) – Bulgariens sozialistische Regierung ist abgewählt. Nach gestern veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen der Parlamentswahlen vom Samstag kam die antikommunistische Vereinigung der Demokratischen Kräfte (ODS), eine Koalition aus SDS, Volksunion und Agrarpartei, auf 57 Prozent der Stimmen. Sie wird damit voraussichtlich 136 der 240 Abgeordneten stellen.

Die Sozialistische Partei (BSP), die zusammen mit dem politischen Klub „Ekoglasnost“ als Vereinigte Linke angetreten war, erreichte 23 Prozent und kann mit 57 Abgeordneten rechnen. Außerdem werden drei kleinere Parteien im künftigen Parlament vertreten sein. Zunächt ist das die Vereinigung zur nationalen Rettung (ONS), ein Bündnis aus Agrariern, Monarchisten, Grünen und der Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), die vor allem die Interessen der türkischen Minderheit vertritt. Mit 7,5 Prozent stellt sie 20 Abgeordnete. Die Eurolinke, eine Abspaltung der BSP mit sozialdemokratischem Programm kam auf 5,5 Prozent und sicherte sich 14 Sitze. Der bulgarische Business-Block (BBB) wird mit knapp 5 Prozent 13 Abgeordnete ins Parlament schicken. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,3 Prozent. Noch während die ersten Hochrechnungen über die Rundfunk- und Fernsehsender liefen, feierten die Sofioter auf den Straßen mit reichlich Alkohol ausgelassen den Sieg der Demokraten. Auf dem Platz vor dem nationalen Kulturpalast tanzten rund tausend Jugendliche und jubelten begeistert ihrem Idol Iwan Kostow zu.

Um 21.30 Uhr trat dann ein sichtlich zufriedener Vorsitzender der SDS vor die Fernsehkameras. „Wir werden Ihr Vertrauen nicht enttäuschen“, sagte Iwan Kostow. Der Vorsitzende der sozialistischen Partei (BSP), Georgi Parwanow, war um Schadensbegrenzung bemüht. Unter den schwierigen Bedingungen der Wahlkampagne habe die Vereinigte Linke ein akzeptables Ergebnis erzielt, erklärte er und kündigte eine konstruktive Opposition im Parlament an.

Der Chef der Übergangsregierung und ehemalige Bürgermeister von Sofia, Stefan Sofianski, übte sich in Bescheidenheit. Ihren Erfolg habe die SDS nicht allein der Tätigkeit seines Kabinetts zu verdanken. „Der Sieg der ODS ist das Ergebis der Ereignisse seit der Machtübernahme durch die Sozialisten 1994“, sagte er. Die neue Regierung wird sich voraussichtlich bis zum 19. Mai konstituieren. Barbara Oertel

Siehe Portrait Seite 11