Attentat auf Indioführer

■ Fünf junge Leute aus reichen Familien in Brasilien wurden als Mörder gefaßt

Rio de Janeiro (taz) – Eine Gruppe von fünf jungen Männern aus Elitefamilien hat am Sonntag in Brasilia den Pataxo-Häuptling Galdino Jesus dos Santos im Schlaf mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet. Der 45jährige, der eine Frau und drei Kinder hinterläßt, starb kurz nach dem Attentat an den Folgen der schweren Verbrennungen.

Die Täter flüchteten in einem Wagen, konnten aufgrund von Zeugenaussagen aber noch am Sonntag verhaftet werden. Ein Attentäter ist Sohn eines Bundesrichters, ein anderer gehört zur Familie eines früheren Mitglieds des Obersten Gerichts, ein dritter ist Sohn eines Armeeobersten. Die Identität der übrigen zwei Täter ist noch unbekannt. Der Anwalt von dreien der Angeklagten erklärte, sie hätten sich nur einen Scherz erlauben wollen. Leider habe das mit einer Tragödie geendet.

Galdino Jesus dos Santos hatte vergangene Woche am Sternmarsch der brasilianischen Landlosenbewegung MST und an den Schlußkundgebungen in Brasilia teilgenommen, sein Verwandter Gerson Melo Pataxó gehörte zu der aus MST- und Gewerkschaftsführern sowie Bischöfen bestehenden Delegation, die am Freitag von Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso zu Gesprächen empfangen worden war. Der Häuptling kämpfte seit Jahren für die Rückgabe von Stammesgebieten, die im Süden Bahias von Großgrundbesitzern und Holzfirmen okkupiert worden waren.

Nach dem Attentat kündigten Indioführer Proteste gegen die Menschenrechtspolitik der Mitte- rechts-Regierung an. Der zur linkssozialdemokratischen Arbeiterpartei PT gehörende Gouverneur Brasilias, Cristovam Buarque, wertete das Attentat als Teil der „sozialen Apartheid“ im Lande. Anthropologen betonten, der Umgang der Gesellschaft mit den Indianern sei pervers. Vor einigen Monaten war bereits ein Bruder Galdino Jesus dos Santos' von Großgrundbesitzern ermordet worden. Patricia Sholl