Blechträume in der Lünburger Heide

„What a wonderful world“ist eigentlich ein schönes Lied. Nur schade, daß dabei nicht nur schöne Landschaften in der Phantasie entstehen. Bei vielen zischen auch Autos einer bestimmten Marke durch den Kopf. Mit diesem Lied endet die Inszenierung des Stückes Mercedes – einer Inszenierung der Stageschool of music, dance and drama. Die Assoziation mit der Opelwerbung, die im Publikum geweckt wurde, ist Absicht: Das Stück dreht sich um das Prestigeobjekt Auto.

Oi und Sakko, zwei Arbeitslose treffen sich auf einer Landstraße. Ringsrum nichts als die Lüneburger Heide, und zwar so, wie sie am ödsten ist. Ein idealer Platz um sich Schöneres herbei zuträumen. Einen dicken Mercedes zum Beispiel. Oi (Illy Sina) ist arbeitslose Arzthelferin: quirlig und unruhig. Und auf der Suche nach besonderen Kicks in ihrem kleinen Leben, wie das Vögeln mit krebskranken Männern auf dem Behandlungstisch. Nach dem Verlust des Jobs ist auch dieses Vergnügen vorbei. Sakko (Fernand Delosch) ist cool, frech und manchmal auch unsicher. Auch er hatte mal einen Job. Immer wieder schwärmt er davon, wie er in seiner alten Firma dicke Schlitten an reiche Kunden überführen durfte. In verschiedenen Szenen erträumen sich die beiden immer wieder einen Mercedes – Symbol für Reichtum, Unabhängigkeit und Freiheit. Unterbrochen werden die Traum-Szenen durch Bemerkungen und Anweisungen des Erzählers (Ralf Hubertus Borgatz).

Das 1983 entstandene Stück des Autors Thomas Brasch, der 1976 aus der DDR nach West-Berlin übersiedelte, handelt wie viele seiner autobiographischen Arbeiten von anarchischem Lebensgefühl, Außenseitertum dem Verhältnis Mensch und Beruf. Heribert Czerniak Inszenierung schlug trotz der Themas Arbeitslosigkeit nicht auf den Magen, mußte doch der altkluge, politisch korrekte Erzähler in Line-Skates und Raumfahrt- Outfit seine Kreise zur Disco-Musik drehen. Die viele Traumszenen verwirrten jedoch hin und wieder allzu sehr, und der vom Autor gewollte Jugendslang klang auf die Dauer allzu angestrengt und unnatürlich.

Uschi Behrendt

25. und 26. April, 1. bis 3. Mai, Theatron