Das zähe Geschäft mit dem Vulkan

■ Abgeordnete dösen, lesen Zeitung und langweilen sich offensichtlich im Vulkan-Untersuchungsausschuß

Der Vulkan-Untersuchungsausschuß stellt die Konzentrationsfähigkeit der Abgeordneten auf eine harte Probe. „Während meiner Vorstandszeit vom August 1993 bis März 1995 war das Unternehmen praktisch schuldenfrei“, versicherte Anton Schneider den Parlamentariern gestern. Schneider überlegt, bevor er antwortet. Er wählt seine Worte mit Bedacht. Das, was er über das Klima in der Chefetage des Bremer-Vulkans sagen könnte, versteckt er hinter wohlklingenden, nichtssagenden Sätzen: „Meine Arbeit war von sachlichen Überlegungen geprägt“, sagt er. Heinz Wenke (SPD) studiert seinen Termin-Kalender. Karin Tuczek (CDU) schmökert im Pressespiegel. Die Ausschußassistentin blättert in der Bild-Zeitung. Dabei zupft sie gedankenverloren an ihrem Dutt.

Hennemann hielt Schneider für gefährlich. Er sei die „Oppostion“im Unternehmen, die – da für Maschinenbau zuständig – ohnehin „gegen den Schiffbau“sei, hatte der Ex-Vulkan-Chef in einer Aktennotiz seine Bedenken gegen Schneider festgehalten. Schneider hatte in einem Brief an den Vorstand um seine Entlassung gebeten, weil das Arbeitsverhältnis zu Hennemann „schwer gestört und von Mißtrauen gekennzeichnet“sei. Schneider will sich nicht erinnern: „Meine Arbeit war in keinster Weise von persönlichen Auseinandersetzungen geprägt.“„Ich kann Hennemann nicht charakterisieren“, fügt er wenig später hinzu. „Ist das nicht ein bißchen ungenau, wenn ich nachfragen darf“, versucht der Ausschuß-Vorsitzende Hermann Kuhn (Grüne) nachzuhaken. Er blickt Schneider direkt ins Gesicht. Hinter dem Zeugen sitzen die Zuschauer und Journalisten. In der ersten Reihe, die vor Monaten unter Journalisten heiß begehrt war, sind noch Plätze frei. Die Stuhlreihen dahinter sind fast leer. Das Vulkan-Desaster hat an diesem Morgen nur eine Handvoll Zuhörer in den Sitzungssaal im ersten Stock der Bürgerschaft gelockt. Schneider wirkt ruhig. Ein Anwalt sitzt zu seiner Linken. Der Vulkan hätte 1993 immerhin 200 Millionen Mark Verluste gemacht, erinnert Kuhn Schneider mehrfach an die Bilanz des Schiffbaukonzerns. Alle alten Industrie-Betriebe hätten schließlich Schulden, antwortet Schneider gelassen. Klaus Bernbacher (AfB) schließt die Augen und döst einen Moment lang vor sich hin. Die Ausschußassistentin hat ihren Knoten im Haar gelöst und inspiziert die Spitzen. Martin Thomas (Grüne) steht auf und verläßt den Raum. Der Vulkan hätte genug Geld gehabt, um seine Verpflichtungen gegenüber den Ost-Werften zu erfüllen, antwortet Schneider schließlich. Wenn da nur nicht die schlechte Ertragslage des Verbundes gewesen wäre...

Daß Schneider nichts sagen will, kommt nicht von ungefähr. Er ist heute Vorstandsvorsitzender der Deutz AG. „Der Kodex, nicht über andere zu reden, ist offenbar sehr ausgeprägt“, sagt Kuhn am Ende der Sitzung. Jens Böhrnsen, Obmann der SPD, wird deutlicher: „Das war ja heute wie Kaugummi.“„Es ist ein sehr zähes Geschäft, und es wird noch zäher.“Trotzdem hätten die Menschen, die in Bremen-Nord ihren Arbeitsplatz verloren hätten, ein Anrecht darauf, daß die Hintergründe der Vulkan-Pleite aufgeklärt würden. Das sieht auch Elisabeth Motschmann (CDU) so. „Ich habe nicht den Eindruck, daß die Luft raus ist“, betont sie. „Ich glaube aber, daß sich alle wünschen, daß wir so schnell wie möglich durchkommen.“Nur die Begeisterung Kuhns ist ungebrochen. „Der Ausschuß hat am Anfang davon profitiert, daß es erstaunliche Enthüllungen gab.“Was er jetzt im Ausschuß erfahre, sei ebenso interessant, wenn auch „nicht so spektakulär“. Die letzte Phase des Vulkans von Mai 95 bis Mai 96 werde „erst richtig interessant“, freut sich Kuhn. Und wann ist die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses? Kuhn zuckt mit den Achseln. „Irgendwann.“

Kerstin Schneider