■ Vorlauf
: Wie Klaus & Klaus

„Der Wahre Grand Prix 1997“, 23.55 Uhr, ZDF

„Das große Glück im Zug nach Osnabrück“, reimen Cliff & Rexonnah, und die Gesangsformation „Rotblond“ behauptet: „Schlagersänger leben länger“. So ein Schwachsinn will aufrichtig und ohne heimliches Grinsen dargeboten sein – erst dann wird der einst von Susan Sontag beschworene Camp-Blick und der Spaß an den mißlungenen Bemühungen Wirklichkeit. Beim „Wahren Grand Prix“ aber ist alles ganz anders. Hier soll von vornherein gelacht werden, und da ist die Gefahr sehr groß, bald schon bei Mike Krüger und Klaus & Klaus zu enden.

Bereits im fünften Jahr versammelt man sich zur Alternativveranstaltung und läßt all jene ans Mikro, die beim offiziellen deutschen Vorentscheid gar nicht erst zugelassen würden. In Zeiten, da der deutsche Schlager zum vielfach vermarkteten Partyspaß avanciert ist und Menschen wie Guildo Horn in grellbunten Scheußlichkeiten zu Ruhm und Fanpublikum kommen, ist der Münchner Contest zum Erfolg verdammt. Das ZDF sendet bereits zum zweitenmal eine Aufzeichnung, anschließend geht man auf Live-Tournee.

Mag das Stimmchen noch so dünne sein und die Musik zu Hause am Casio abgemischt: Hauptsache, es ist ein Ohrwurm, der Songtitel albern bis ironisch. Notfalls tut's auch nur ein alberner Künstlername wie Hilde Gard oder Mary Melody. Ein „schräges“ Outfit ist ohnehin Pflicht. Veteranen des deutschen Schlagerzirkus umsorgen die Newcomer der Branche: Als Schirmherren breiten Cindy & Bert ihren Segen über den Wettbewerb; in der Fachjury sitzen unter anderen Michael Holm, Bata Illic und Ingrid Peters.

Denen mutet das Moderatorenpaar, Petra Perle und Rex Kildo, einiges zu: Aufgewehte Fönfrisuren, Langhaarperücken und blondgelockte Rauschgoldengel, Glitzerkleidchen und leuchtend bunte Altkleidersackklamotten; Menschen in Plateauschuhen, die sich absichtlich derart schauerlich ausstaffieren, wie es die Stargäste in den langen Jahren ihrer Karriere zwar immer schon taten, aber wahrscheinlich nie ahnten, wie grausam dieser Anblick war.Axel Schock