■ Lima: Geiselbefreiung – außergerichtliche Hinrichtung
: Kultur der Gewalt

Die Welt begrüßt erleichtert eine außergerichtliche Hinrichtung. Auch wenn der letzte Beweis fehlt: Es ist mehr als offenkundig, daß es nicht Zufall oder unvermeidbares Ergebnis des Kampfgetümmels war, daß alle Geiselnehmer des MRTA-Kommandos in der japanischen Botschafterresidenz bei der Erstürmung des Gebäudes getötet wurden – Präsident Alberto Fujimori wollte keine Überlebenden.

Das peruanische Militär ist durchaus in der Lage, Zeitpunkt und Art von Aktionen genau zu bestimmen. Den Führer des Leuchtenden Pfades etwa, Abimail Guzmán, wollte Fujimori lebend – um ihn wie ein wildes Tier in einem Käfig gefangen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die MRTA-Guerilleros sollten sterben. Hemdsärmelig ließ sich Fujimori neben der Leiche Nestor Cerpas, des Anführers des MRTA- Kommandos, filmen. Dieser Präsident ist widerlich – und das kommt an.

Fujimori hat sich seit Beginn seiner Amtszeit immer stärker in die Rolle des Feldherrn begeben, der Skrupel und Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Handelns hintanstellt. Perus Bevölkerung hat ihn dafür wiedergewählt und die Welt ihm verziehen. Denn Fujimori steht für jene Politik, die der Westen in Lateinamerika verwirklicht sehen möchte: Kampf gegen den „Terrorismus“ und gegen den Drogenhandel gemeinsam mit den USA, strikte ökonomische Öffnung und radikale neoliberale Umstrukturierung. Fujimori ist in der neuen Weltordnung jener Typ Regent, der Nicaraguas Diktator Somoza seinerzeit für die USA war: „Ein Hurensohn, aber unser Hurensohn.“

So ist nicht zu erwarten, daß sich irgend jemand außer den üblichen Betroffenen über die Hinrichtungen erregt. Die USA haben das Kommando mit ausgebildet, der britische SAS, selbst wegen extralegaler Hinrichtungen schon vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof verurteilt, hat die Aktion mit vorbereitet – wer soll da noch protestieren?

Für Peru heißt das freilich, daß die Kultur der Gewalt kein Ende findet. In ganz Lateinamerika werden Polizeikräfte immer wieder wegen außergerichtlicher Hinrichtungen – von Straßenkindern, Jugendlichen, Betrunkenen ... – belangt. In Peru ist die Order „Keine Gefangenen!“ von ganz oben ausgegeben worden. Von rechtsstaatlichem Verständnis ist das weit entfernt – aber damit haben ja auch die bestorganisiertesten Gesellschaften so ihre Schwierigkeiten, wenn es um Terrorismusbekämpfung geht. Bernd Pickert