Die Schule der „kleinen Raupen“

■ Im zentralaustralischen Alice Springs wird jungen Aborigines – neben modernem Wissen – die traditionelle Kultur und Sprache ihres Volkes vermittelt

An der westlichen Peripherie von Alice Springs liegt die 1979 von Aborigines im Rahmen eines Selbsthilfeprojekts gegründete Yipirinya School. Die nach der mythologischen Raupe Yipirinya benannte Schule wird von 150 Aboriginal-Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren besucht. Nach Jahren voller Probleme erhielt die Schule 1984 ihre formelle Anerkennung als Privatschule und damit auch die für ihr Bestehen notwendigen finanziellen Mittel.

Gegründet wurde diese Schule, damit die Aborigines nicht länger dem auf Assimilation abzielenden Bildungsmonopol der weißen Australier ausgesetzt sind. Das Curriculum der Yipirinya School propagiert die sogenannte Two Way Education, eine Art dualen Unterricht. Im Mittelpunkt des Lehrplans steht die Bewahrung der traditionellen Sitten und Gebräuche sowie die Sprachen der Ureinwohner. Um diesen Grundblock gruppieren sich die „modernen“ Fächer wie Englisch, Mathematik und Physik. Dazu der Schulleiter: „Wir wollen unseren Schülern das ganze Spektrum der traditionellen Fertigkeiten unseres Volkes beibringen, ihnen zugleich aber auch modernes Wissen vermitteln, damit sie in der weißen Gesellschaft bestehen können.“

Der Mittwoch ist der Culture Day in der Yipirinya-Schule, der wichtigste Tag der Woche. An diesem Unterrichtstag fahren die „kleinen Raupen“ zusammen mit älteren Mitgliedern ihres Clans hinaus in den Busch. Dort erfahren sie die Entstehungsgeschichte und die Legenden ihres Volkes, lernen die Traumpfade ihrer mythologischen Heroen kennen. Während dieser Exkursionen unterweisen die Stammesältesten die Jungen zudem in der richtigen Handhabung von Bumerang und Speeren, während die Mädchen von den älteren Frauen ihres Volkes lernen, wie man Bush food findet und zubereitet. Roland Dusik