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: St. Pauli: Angedengelt, nicht untergegangen

Hamburg (taz) – Vor der Gegengerade stand St. Paulis Mannschaftskapitän Carsten Pröpper und applaudierte den Fans. Bandagierter Oberschenkel, ganz allein. Hinter dem Zaun waren die Reihen ebenfalls gelichtet. Dort, wo normalerweise die verläßlichsten, aber auch kritischsten Anhänger des FC selbst nach Niederlagen noch lange ausharren, war es am Donnerstag abend auffällig leer. Gegen Rostock 0:1, unschön.

Nun kann Trauer eine ganz private Angelegenheit sein, am Millerntor war sie es bislang nicht. Dieses Mal hielt sich das Schluchzen und Wehklagen in Grenzen. Von Weltuntergangsstimmung keine Spur. Der dritte Bundesliga-Abstieg, der bei sechs Punkten Rückstand auf Platz 15 so gut wie sicher ist, kommt nicht überraschend. Normalität im Abgleiten, lakonische Gelassenheit: Willkommen im Club der Fahrstuhlmannschaften.

„Wir planen für die zweite Liga“, verkündete Präsident Heinz Weisener tapfer, „der Verein ist aber nicht untergegangen.“ Stimmt, nur momentan ein bißchen angedengelt. Das gibt sich wieder. Bloß keine Panik, meint „Papa Heinz“, man müsse sich jetzt „auf die Zukunft konzentrieren“ und dürfe „sich nicht gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben“. Das sollte auch schwer fallen, wo sich doch nach der Entlassung von Trainer Uli Maslo alle wieder furchtbar liebhaben sollen. Seit Montag wurde kräftig auf den Geschaßten eingedroschen. Das Böse sollte so wohl endgültig ausgetrieben und neue Energie freigesetzt werden.

Und war der Exorzismus erfolgreich? „Wir wollen versuchen, bis zum Ende ordentlich weiterzuspielen“, gab Maslo-Nachfolger Klaus- Peter Nemet als neue Devise aus. Ob der Berufsoptimist, vormals Co-Trainer, bleiben darf? Der ehemalige HSV-Übungsleiter Benno Möhlmann ist als sportlicher Leiter vom „Aufbau Nord“ im Gespräch. Der FC schaut nach vorne und blickte musikalisch zurück. Nach dem Schlußpfiff lief „The Look Of Love“ von ABC über die Stadionanlage. Ein hübscher Verweis auf den Popsommer 82/83. Besser wäre gewesen, sie hätten Orange Juice genommen: „Rip It Up (And Start Again)“.Clemens Gerlach

Hansa Rostock: Bräutigam - März, Hofschneider, Rehmer - Lange, Gansauge (86. Zallmann), Beinlich, Studer, Yasser - Chalaskiewicz (46. Baumgart), Barbarez (78. Micevski)

Tor: 0:1 Baumgart (60.)

FC St. Pauli: Thomforde - Dammann - Bochtler, Stanislawski (24. Pedersen) - Hanke, Driller, Pröpper (73. Gronau) Trulsen, Springer (65. Sobotzik) - Scharping, Pisarew