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Warum, darum, Löffelstiel!

■ Niemand kann sagen, sie hätten nichts gewußt. Tic Tac Toe im Tempodrom

Doof ist die Hoffnung! Nun, da wir alles über Lee wissen, könnten Tic Tac Toe, oder wie auch immer die jetzt heißen, aus ihrem Süßi- Image herausschlüpfen und nur noch machen, „was sie wollen“. Zu verlieren oder zu enthüllen gäbe es ja nichts mehr, und wenn, wäre es auch egal. Diese romantische Vorstellung setzt voraus, daß bis zu dem Tag, als die Bild-Zeitung die bittere „Wahrheit“ über Lees Vorleben präsentierte, Ricky, Jazzy und Lee die drei Damen vom Drill waren, denen die fiesen Plattenbosse den ganzen Tag befahlen, was sie zu tun und zu lassen hatten.

Nur geträumt! Vom neuen Album, das je nach Rechtslage „Klappe, die 2te“ oder „§2“ heißt, wird später keine der drei behaupten können, sie hätte von nichts gewußt. Sozialarbeiter-Pop diesen Ausmaßes kann niemand aus Versehen mit sich geschehen lassen. Und wer geglaubt hat, daß jetzt Schluß ist mit Toten, Tränen und TV-Terror, sollte sich nicht zu entspannt im Fernsehsessel zurücklehnen. Schließlich gibt es außer Lee auch noch Ricky und Jazzy.

Doch jetzt kommt „Bitte, küß mich nicht“: Das tolle Lied mit Bratsche, das davon erzählt, wie Kindesmißbrauch geht. So was kommt immer gut an: Wut und Trauer für diese Musik. Und da bei Tic Tac Toe immer alles echter als die Realität ist, erst recht.

„Das geht mir auf'n Sack (auch wenn ich keinen hab')“, „Ich fühl' mich always ultra“, „Furz“ – unter der Gürtellinie liegt der Stoff, aus dem Hits gezimmert werden. Und der Sound ist so gar nicht vorhanden, denn musikalisch wurde nach dem Heimorgelprinzip vorgegangen: Knöpfchen „Samba“, Knöpfchen „Rock“, Knöpfchen „Pop“ gedrückt, neues Lied eingespielt, fertig.

Man nennt es Fäkalienpop, und wer möchte da nicht mitmanschen? Zum Beispiel Tausende von Zehnjährigen nebst Erziehungsberechtigten und diverse Zuhältertypen. „Habt ihr alle eure Tage“, fragt Super-Lee. Klar, heute hat keiner seine Tage daheim gelassen.

Konkret: Ihr Schießbuden-HipHop wird live zu Rock 'n' Roll der schmierlappigsten Sorte, mit Gitarrensoli so lang wie das Berliner U-Bahn-Netz nach dem Regierungsumzug. Und wo bei anderen Bands ein paar Tänzerinnen eine halbwegs gute Figur machen, haben Tic Tac Toe Background- Prolls gecastet. Verblüffend, wie hier alles zusammenpaßt: Inhalte, Händeklatschen, warum, Feuerzeuge, darum, Mädchen, Jungens, Mama, Papa, der Doktor und das liebe Vieh.

Und wenn das Zehnjährige, das bei Papa auf der Schulter sitzt, jede Zeile auswendig kennt und fühlt und noch lauter mitsingt: „Ich will einen Mann, ich will einen richtigen Mann“, wer soll sich da am Ende wieder angesprochen fühlen? Heike Blümner

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