Die „Mutter der Nation“ kehrt zurück

■ In Südafrika wurde Winnie Mandela allen Skandalen zum Trotz erneut zur Präsidentin der ANC-Frauenliga gewählt

Rustenburg (taz) – Der Auftritt glich dem eines Staatsoberhaupts. Das kann sich auch gebührende Verspätung leisten. Erst nachdem die gesamte Parteiprominenz versammelt war, rauschte die „African Queen“, an diesem Tag nur mit ein paar wenigen Diamanten geschmückt und ansonsten zurückhaltend in Dunkelgrün und Dunkelblau gekleidet, in den Saal. Fast tausend Frauen aus allen Teilen Südafrikas versetzten sich mit Gesang und Tanz in alte Tage zurück: damals, als die Frauen so viel auf sich nahmen, damals, als der „glorreiche Befreiungskampf“ sie zusammenschweißte, damals, als Winnie Mandela noch ein international verehrtes Idol war.

Doch alle Ekstase konnte nicht verdecken, daß dieses damals nicht mehr heute ist. Die donnernden Ovationen für Winnie Madikizela- Mandela, wie sie nach der Scheidung von Nelson Mandela heißt, hatten etwas Rituelles, die Beschwörung der ruhmreichen Vergangenheit geriet schal. Die ANC- Frauenliga ist seit Jahren tief zerstritten und drohte sich mehrmals zu spalten. Einer der Gründe dafür ist Winnie Mandela.

In ihrer ersten fünfjährigen Amtszeit als Präsidentin der mächtigen Organisation hat sie es verstanden, sich reichlich Feindinnen zu machen. Vor zwei Jahren kam es zum Eklat: Hinter dem Rücken von Schatzmeisterin Adelaide Tambo, Witwe des langjährigen ANC-Vorsitzenden Oliver Tambo, hatte Winnie Mandela im Namen der Frauenliga ein Tourismus-Projekt ausgehandelt, in das unter anderem der US-Schauspieler Omar Sharif investieren sollte – auf eigene Faust und ohne die Gremien zu informieren.

Elf prominente ANC-Frauen legten unter Protest ihre Ämter im Vorstand nieder. Darunter war auch eine, die jetzt antreten wollte, Winnie abzulösen, Gesundheitsministerin Nkosazana Zuma. Angesichts des heftigen Machtkampfs mußte der jetzige Kongreß mehrmals verschoben werden. Zuma, ebenfalls politisch angeschlagen, verzichtete am Ende überraschend auf eine Kandidatur, obwohl sie die Rückendeckung Nelson Mandelas genießt.

Die neue alte Präsidentin der Frauenliga heißt Winnie Madikizela-Mandela. 656 von 783 Stimmen erhielt sie in der Wahl von Samstag auf Sonntag in der Kleinstadt Rustenburg, wo sich die ANC-Frauen zu einem dreitägigen Kongreß versammelt hatten.

Die „Mutter der Nation“ ließ von der ersten Sekunde an keinen Zweifel daran, daß sie diesen Titel weiter für sich beansprucht, und hielt auch gleich eine „Rede an die Nation“ und nicht etwa, wie im Programm angekündigt, einen politischen Bericht über ihre erste Amtszeit. Darin mischte sich die Besinnung auf die Anfänge des ANC mit teilweise scharfer Kritik an der jetzigen Regierung. Die Rede hatte allerdings nur noch wenig Ähnlichkeit mit ihrem ursprünglichen Manuskript. Einer ihrer Verbündeten, Sportminister Steve Tshwete, hatte sie in aller Seelenruhe auf dem Podium, für jeden sichtbar, so umgeschrieben, daß die Kritik an Mandelas Kabinett gemäßigter ausfiel.

Seit der sie vor zwei Jahren, entnervt von ihren teuren Starallüren, aus dem Kabinett geworfen hatte, war es politisch still geworden um die Frau, mit der er 38 Jahre verheiratet war. Winnie Madikizela- Mandela steht heute vor allem für eines: für eine schier endlose Liste von Finanzskandalen. Hochverschuldet und verschrien wegen ihres verschwenderischen Lebensstils, verfällt sie immer wieder auf eigenwillige Ideen, um ihre Konten aufzufüllen. Neuerdings verkauft sie echten afrikanischen Boden in Flaschen, aus dem Garten eines Hauses, in dem sie in den 50er Jahren mit Nelson gelebt hatte. Die Garage des Hauses in Soweto soll als Museum des Befreiungskampfes zur Touristenattraktion werden. Kordula Doerfler

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