■ Vorschlag: „Catwalk“ von Robert Leacock und Milton M. Ginsberg im Eiszeit-Kino
Es ist schon etwas affig, einen Film, der ultrapolitisch daherkommt und bei dem die Dialoge eine ziemliche Nullrolle spielen, haarklein zu synchronisieren. Statt halb wahrgenommen wohltuend im Hintergrund zu plätschern, quakt ein Mickey-Mouse-Organ Unterhaltungsfetzen schrill über den Originalton: „Du siehst wirklich bleeendend aus.“ Bussi. „Jaaa, tatsächlich?“ Bussi. „Catwalk“ ist aufgemacht wie ein Tourneefilm. Nahtlos schließen Laufstegpräsentationen an das Gewusel hinter den Kulissen an.
Robert Leacock (Regie, Kamera) gibt sich alle Mühe, seine Back- und Onstage-Bilder als Casual Wear fürs Auge zu verkaufen. Genau deshalb pickte ihn der Co-Produzent Daniel Wolf für die Sache aus. Bereits bei Madonnas Tourneefilm „Truth or Dare“ hatte seine Kamera vorgeführt, wie es ist, im Geschiebe und aufgeregten Gerangel der Schönen, Begabten und Betuchten mittenmang mitzuschwimmen.
Hier nun heftet er sich an die Fersen von Christy Turlington (sieben Koffer Reisegepäck). Drei Wochen Milano, Paris und schließlich New York, lautet die Route. Mal eben bei Galiano (“stell dir vor, Christy, du wärst Anna Karenina auf der Flucht“) die neuesten Reifröcke anprobieren. Im Hintergrund gackert Ru Paul. Dann zu Lagerfeld und Gaultier. Bei Valentino ist Sharon Stone mit von der Partie. Jetzt noch husch zu Isaak Mirza, wo Sandra Bernhard gerade per Zufall vorbeischaut.
Das Arbeitsleben als Model ist schon hart, vermittelt uns die bleiche Christy beim Abschminken mit Tonnen von Fettcreme. Aber als Ausgleich hat der Herrgott wohl das Hotelzimmer geschaffen. Dahin zieht man sich zurück. Zum Schwatz mit ein paar guten Freundinnen: Naomi, Kate und so weiter. Die Kamera legt zur Abwechslung mal einen Schwarzweißfilm ein, denn es wird persönlich. Teenager-Erinnerungen werden ausgetauscht: „Weißt du noch, Naomi, als ich dich das erste Mal bei der Agentur sah, hattest du noch deine Schuluniform an.“ Jugendherbergsatmosphäre mitten im Ritz. „Ziehen Sie ihr einen Jutesack über den Kopf, und lassen Sie sie den vorführen“, sagt ein Bewunderer im Film, „und Sie werden verstehen, daß jede von ihnen ihr Geld wert ist.“ Den Sound zu so viel Purismus liefert Malcolm McLaren im Duett mit dem Sprechgesang von Catherine Deneuve. Gudrun Holz
Heute, 17.45 und 19.30 Uhr, im Eiszeit-Kino 2, Zeughofstraße, Kreuzberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen