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„Die stärkste Waffe ist der Streik“

■ Der Bremer Marktplatz war voll bei der 1. Mai-Kundgebung

Der 1. Mai ist ein großes Familientreffen – eine politische Familie trifft sich da auf dem Marktplatz. Da kann man sogar noch die schönen kolorierten Stalin-Bilder am Stand der KPD erwerben oder sich über den geplanten „Wiederaufbau der KPD“, was dann eine zweite wäre, informieren, das gehört einfach dazu – am Rande.

Drei-, viertausend Menschen aus Bremer Betrieben, LehrerInnen, GewerkschafterInnen und viele politische FreundInnen der Gewerkschaftsbewegung kamen am 1. Mai zusammen. Die Intensität der Begegnungen ist bemerkenswert: Wer da alles wen trifft, Stunden könnte das andauern, soviel an wichtigen und schönen Neuigkeiten ist auszutauschen. Wenn nicht die Reden das Kundgebungsprogramm wären.

Die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert beschwor die bremische Wirtschaftspolitik („Weichen müssen jetzt gestellt werden“), verlangte eine Beschäftigungsoffensive mit „nachprüfbaren Ergebnissen“– und kritisierte scharf, daß der Senat, an den sie ihre Forderungen richtete, als Arbeitgeber eigentlich auf der anderen Seite steht: Die Arbeitszeitverlängerung für Beamte und Lehrer sei „absolut das falsche Signal“, sagte Ziegert.

Der Hauptredner, Eike Eulen von der Internationalen Transportarbeiter-Förderation, der gerade von einer Konferenz in Spanien kam, überbrachte Grüße „aus Asien, Afrika, Kanada, den Vereinigten Staaten...“und so weiter aus. So sehr er die Folgen der internationalen Konkurrenz kritisierte, so eindeutig meinte er: „Wir brauchen die europäische Währungsunion“, die Politik dürfe aber nicht nur auf geldpolitische Stabilität setzen.

Richtig kämpferisch wurde es, als der Jugendvertreter Andreas Kaufmann ans Rednerpult trat. „Je leiser wir sind, desto mehr bekommen wir Prügel“, rief er so laut über den Marktplatz, daß viele unwillkürlich aufhörten zu reden. Die Börsengewinne seien doch nur „herausgepresst aus unseren Knochen“. Der Jugendvertreter hielt sich nicht lange mit Bremen auf: „Kohl muß weg, und zwar sofort“. Es sollte „Schluß sein mit den elendigen Spitzengesprächen“, teilte er eins aus in Richtung Lafontaine: „Die stärkste Waffe der Gewerkschaft ist nicht der Wahlzettel, sondern der Streik.“Arbeitszeitverkürzung müsse mit vollem Lohnausgleich kommen, „Jugend braucht Zukunft“. Die DGB-Kundgebung war geschlossen, da trat eine Frau ans Mikrophon. „Marlies Krüger, Uni Bremen“, stellte sie sich vor, eine Professorin. „Warum organisiert der DGB nicht einen Generalstreik“, donnerte es über den Platz, „ein Generalstreik ist das, was wir brau ...“Der Rest ging unter, die Ordner hatten den Strom abgedreht. Fortsetzung im Mai-Zelt. K.W

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