Schnee von gestern

Der Kölner DuMont-Verlag präsentiert eine Billigreiseführer-Reihe, die jedes Jahr aktualisiert werden soll. Mit Vorsicht zu genießen, meint  ■ Klaus Jetz

Der Kölner DuMont Verlag stellt in diesem Frühjahr eine neue Reiseführer-Reihe vor: 19 Titel der „neuen Reihe mit dem gewissen Extra“, so das Verlagsmotto. Verschiedene Reiseführer-Reihen, sozusagen für jeden Rucksack und Geldbeutel etwas, liefert DuMont mittlerweile an den Buchhandel. Für jeden Geschmack und in jeder Gewichtsklasse ist etwas im Sortiment. Beispielsweise: die Kunstreiseführer (die „Klassiker“ unter den Schinken), laut Verlagsangaben zwischen 600 Gramm und 800 Gramm bzw. 39,90 DM und 56 DM schwer, die Reihe Richtig Wandern („Der Naturverbundene“), die es auf nur 315 Gramm oder 29,80 DM bringt, die „Appetithappen“ Kompakt-Reisevideos, leider ohne Gewichtsangabe (Stückpreis 19,80 DM bzw. 39,80 DM oder 358 DM als Gesamtpaket) oder die als „internationale Koproduktion“ verbrämte, tatsächlich aber bei Gallimard eingekaufte Reihe Visuell („Der Luxuriöse“), von der jeder Band exakt 485 Gramm und mithin 48 DM auf die Waage bringt. Und nun also für den kleinen Geldbeutel die leichtverdauliche Extra-Reihe als Diätkost (145 Gramm oder 12,90 DM).

Doch Vorsicht ist geboten: Der Griff etwa zum DuMont-Extra- Reiseführer Paris könnte für Geldbeutel und Figur fatale Folgen haben. Allein 15 Seiten widmet das 90 Seiten dünne Bändchen dem Kapitel Essen und Trinken. Zum Beispiel im Luxusrestaurant Ledoyen: „flämisch inspirierte Küche: etwa Aalterrine mit Bier, gegrillter und geräucherter Stör, Kabeljau mit Krabben“. Das alles à la carte für 880 FF. Hinzu kommen zehn Seiten Nightlife, acht Seiten zu Hotels sowie jeweils sechs Seiten zu Shopping und Kultur & Unterhaltung mit zum Teil unkorrekten Angaben, die dem Anspruch, topaktuell zu sein, widersprechen. So hat etwa die Disco Le Palace seit einigen Monaten die Pforten geschlossen. Daneben finden sich „topaktuelle Infos“: „Der 317 Meter hohe, von dem Ingenieur Eiffel für die Weltausstellung 1889 konstruierte Turm ist das Wahrzeichen von Paris.“ Eine Fülle an Daten, langweilige Auflistung von Adressen, Telefon- und Faxnummern und Öffnungszeiten, aufgelockert durch winzige, farbige Bilder (im DuMont-Jargon „außergewöhnliches Fotomaterial“), bunte Symbole („pfiffiges Layout“).

Wofür das alles, fragt man sich, wo doch oftmals ein Hinweis auf das wöchentlich erscheinende, an jedem Kiosk ausliegende Pariscope genügt hätte.

Was der DuMont Verlag als neues Konzept anpreist, ist Schnee von gestern. Den Reiseführer für jedes Reiseziel und zum Billigtarif für die Jackentasche gibt es schon seit Jahrzehnten. Die jährlichen Neuauflagen, die der Verlag zwecks Aktualität immer zu November verspricht, sollen das Einwegangebot aus dem Hause DuMont von anderen Reiseführern der gleichen Preiskategorie abheben. Topaktuell wird Touristen signalisiert, die einen billigen Reisebegleiter erstehen möchten und deshalb bislang gerade nicht zu den Produkten aus dem Hause DuMont griffen.

Fazit: Mit der neuen Billigreihe zielt DuMont auf neue Käufer und ist auf dem besten Weg, seinen guten Ruf als seriöser Anbieter auf dem hartumkämpften Reiseführermarkt zu verspielen.

DuMont Extra, Ausgabe 1997, 19 verschiedene Titel, DuMont Köln, 1997, je 96 Seiten zu 12,90 DM