Bund und Länder mit Rekordschulden

■ Vorläufige Berechnungen des Bundesfinanzministeriums: 125,6 Milliarden Mark Defizit. Sinkende Steuereinnahmen

Bonn (dpa) – Bund und Länder haben 1996 ein Defizit von zusammen 125,6 Milliarden Mark verkraften müssen. Es lag um 26,3 Milliarden Mark höher als in den Haushalten geplant – bei den Ländern um 7,9 Milliarden und beim Bund um 18,4 Milliarden. Das geht aus vorläufigen Berechnungen des Bundesfinanzministeriums für den Abschluß der Länderhaushalte hervor, die gestern in Bonn veröffentlicht wurden.

Besorgt über die Defizitentwicklung und mit Hinweis auf die in diesem Jahr erforderliche Defizitgrenze von 3,0 Prozent für die Teilnahme an der Währungsunion, ermahnte die Bundesregierung die Länder zu weiteren Ausgabenkürzungen. Finanzstaatssekretär Hansgeorg Hauser kündigte an, „daß für 1997 weitere Konsolidierungsschritte zur Rückführung der Defizite der einzelnen Haushaltsebenen unverzichtbar sind“. Problematisch ist die bisherige Steuerentwicklung. So lagen die Steuereinnahmen im ersten Quartal dieses Jahres bundesweit um 4,3 Prozent unter denen der ersten drei Monate 1996 und waren nach ersten Hinweisen auch im April rückläufig – in Bayern um 8,8 Prozent.

Das Defizit in den Haushalten der 16 Bundesländer erreichte 1996 etwa 47,3 Milliarden Mark und lag damit um knapp acht Milliarden über der Planung, berichtete das Ministerium. Ausschlaggebend waren trotz Ausgabeneinsparungen erhebliche Steuerausfälle wegen der schwachen Konjunktur. Die Mindereinnahmen hätten trotz Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung im Jahresverlauf 1996 nur teilweise durch Nachtragshaushalte, Haushaltssperren oder ähnliche Schritte der Vorsorge aufgefangen werden können. „Deshalb ist weiterhin erforderlich, daß Bund und Länder ihr Ausgabenwachstum eng begrenzen, um so das Konsolidierungsziel im Hinblick auf das Defizitkriterium von Maastricht 1997 einhalten zu können“, mahnte Finanzstaatssekretär Hansgeorg Hauser (CSU). Um die Konsolidierung von der Ausgabenseite her zu erhalten, müsse das Ausgabenwachstum mittelfristig auf insgesamt zwei Prozent begrenzt werden. Besonders prekär ist die Lage in Berlin. Das Land mußte 1996 mit 11,1 Milliarden Mark ein Defizit fast in der Größenordnung der fünf neuen Flächenländer zusammen verkraften. Ausgaben von 42,6 Milliarden Mark, die um 700 Millionen über der Planung lagen, standen Einnahmen von 31,5 Milliarden (nach Ausfällen von 4,5 Milliarden) gegenüber. Sie sind das Ergebnis „nicht realisierter, aber geplanter Vermögensveräußerungen“. Hauser fügte hinzu, damit habe sich der Handlungsspielraum der Hauptstadt weiter verringert und „die Finanzsituation Berlins weiter verschärft“.