SPD blockiert Windräder

■ Die Bremer CDU will einstimmig Windenergie ausbauen / Die SPD-Fraktion streicht die kurzfristig realisierbaren Standorte

n der Bremer Ökobewegung verschieben sich die Koordinaten: Die CDU profiliert sich als Umweltpartei, bekommt dabei Beifall vom Bund für Umwelt und Naturschutz, BUND, und die SPD hat die Bremserrolle übernommen. Diese bremische Energiewende vollzieht sich gerade beim Thema Windkraft. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat Mitte April einstimmig einen Antrag ihres umweltpolitischen Sprechers Jens Eckhoff zum schnellen Bau von mehr als hundert Windenergieanlagen angenommen. Doch als in der letzten Woche die SPD-Fraktion über den Antrag des Koalitionspartners beraten hatte, da war hernach die eckhoffsche Standortliste um ein knappes Drittel kürzer. Gekürzt just um die Standorte, deren Genehmigungsverfahren am weitesten gediehen und die so am schnellsten zu realisieren gewesen wären. Begründung der SozialdemokratInnen: Die Kraftwerke stünden zu nahe an geplanten Wohngebieten – obwohl alle gesetzlichen Regelungen eingehalten sind. Die SPD-Fraktion hat zwar Alternativ-Standorte vorgeschlagen, bloß da weht erwiesenermaßen zu wenig Wind.

Seit Jahren wird der Ausbau der Windkraft bestenfalls durch ein laues politisches Lüftchen vorangebracht. Es gab zwar prinzipienfeste Erklärungen für die Erhöhung des Anteils regenerativer Energien zur Stromerzeugung – nur konkrete Projekte kamen dabei kaum heraus. Im Juni '96 hatte sich erst die Bürgerschaft zur Nutzung regenerativer Energiequellen bekannt. Da hatte die CDU-Fraktion eine kleine Anfrage zur Realisierung von Windkraftanlagen gestellt, und der Senat hatte vollmundig auf die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU verwiesen. Die Programme für erneuerbare Energiegewinnung würden fortgeführt, heißt es da.

Im Rahmen der Anfrage hatte die Energieleitstelle des Umweltressorts noch einmal zehn Standorte geprüft und für gut befunden. Das politische Problem: In Strom, in Arsten und im Niedervieland hatten die Beiräte Einspruch erhoben. Die Nachbarschaft zu Windkraftwerken sei wegen des Flimmerns bei Sonnenschein und der Lärmbelästigung der Wohnbevölkerung nicht zuzumuten.

Was den CDU-Abgeordneten Jens Eckhoff nicht störte. Er wollte unmittelbar nach der Senatsanwort Nägel mit Köpfen machen und erhob alle zehn Standorte zum Antrag – und seine Fraktion folgte ihm tatsächlich einstimmig.

Eckhoff konnte sich berechtigte Hoffnungen machen, mit seinem Plan bei der SPD offene Türen einzurennen. Noch Anfang April hatte sich die Umweltsenatorin Christine Wischer per Presseerklärung gefreut, „nun auch in Herrn Eckhoff einen Mitstreiter in Sachen Windenergie gefunden zu haben, der hoffentlich die z.T in seiner Partei bestehenden Vorbehalte gegenüber regenerativen Energien mithilft, aus dem Weg zu räumen“. Bloß hatte sich da die Senatorin in der Partei vertan. Die Blockierer sitzen in der SPD.

Als die sozialdemokratische Fraktion den Eckhoff-Antrag am Montag letzter Woche beriet, gab es erheblichen Widerstand, insbesondere von der Fraktions-Vizechefin Barbara Klöpper und dem Baupolitiker Karl-Heinz Schreiber. Die argumentierten ganz wie die Beiräte und bekamen dafür auch die Fraktionsmehrheit. „In Arsten, Strom und in Niedervieland sind die Standorte zu dicht an der Wohnbebauung“, sagte Barbara Klöpper zur taz. „Das kann man niemandem zumuten“– wobei keine Rolle spielt, daß sämtliche Vorschriften zum Lärmschutz eingehalten worden sind.

Wegen der Einwände der Beiräte, so Klöpper, hätten die BaupolitikerInnen von SPD und CDU schon vereinbart, diese Standorte aus der Liste zu nehmen. Die Verabredung: Für den Standort in Strom sollte bis zur nächsten Baudeputation ein Alternativvorschlag erarbeitet werden, die Standorte in Arsten und Niedervieland sollten über neue Standorte in der Hemelinger und Mahndorfer Marsch kompensiert werden. In der Hemelinger Marsch sind ohnehin drei Anlagen geplant, und schon da hat insbesondere das Wirtschaftsressort erhebliche Bedenken angemeldet. Und in der Mahndorfer Marsch rentieren sich Anlagen nicht, heißt es aus dem Umweltressort. Der Grund ist einsichtig: zu wenig Wind. Für die SPD hat nun nach der Absprache die CDU den schwarzen politischen Peter. Klöpper: „Offensichtlich hat die CDU Probleme zu kommunizieren.“

Durchgesetzt hat sich bei den Christdemokraten allerdings die Eckhoff-Linie. Und der hofft nun auf die höhere Einsicht. Eckhoff: „Ich möchte der SPD noch eine Chance geben.“Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist ganz auf Eckhoffs Seite und forderte in einer Erklärung die SPD auf, die parteiinternen Probleme mit einzelnen Standorten „kurzfristig auszuräumen, um einen zügigen Ausbau der umweltfreundlichen Energie zu erreichen“. J.G.