■ Nebensachen aus Barcelona
: Liebe grenzenlos

Noch bevor der Begriff „politicamente correcto“ in Spanien richtig Fuß fassen konnte, ist er wieder out. Das neue Schlagwort heißt „politicamente selecto“. Mit dieser Wortschöpfung bedachte die katalanische Zeitung El Periódico die Verlobung von Prinzessin Cristina Federica Victoria Antonia de la Santisima Trinidad (31), zweite Tochter von König Juan Carlos, und Iñaki Urdangarin, Handballspieler des FC Barcelona.

Zwar ist der im Baskenland geborene angehende Betriebswirt bürgerlicher Abstammung, doch wen interessiert das angesicht des „athletischen, hochgewachsenen, blonden, blauäugigen“ Urdangarin mit seinem „verführerischen Lächeln“ (so die Tageszeitung El Pais). Selbst die rechtskatholische Zeitung ABC gibt dem ungleichen Paar ihren Segen: „Wenn die Geschichtsschreiber einst König Juan Carlos bewerten, werden sie seine Anstrengungen hervorheben, dem Volk die Monarchie näherzubringen.“

Als Beweis dient auch die Königstochter selbst. Prinzessin Cristina ist „die erste Prinzessin mit Sozialversicherung“ (La Vanguardia) und das „einzige Mitglied eines Königshauses, für das die Gewerkschaften die Einkünfte ausgehandelt haben“ (El Pais). Seit vier Jahren organisiert sie für einen Tariflohn von umgerechnet 2.500 Mark von ihrem Schreibtisch in einem Großraumbüro der Kulturstiftung der Sparkasse von Katalonien Fotoausstellungen, teilt mit ihrer Cousine eine Wohnung am Stadtrand und fährt Golf.

„Sie hat sich hervorragend in die katalanische Gesellschaft eingelebt“, lobt Kataloniens Landesvater Jordi Pujol. Und der Mann, mit dem die adlige Bankangestellte vor den Altar treten wird: „Er hat viele Trophäen für den Barça gewonnen.“ Das ist fast so, als würde sich die Prinzessin mit dem katalanischen Wesen als solchem vermählen. Seit der FC Barcelona unter Franco den bedrängten Nationalisten um Pujol Unterschlupf bot, ist der Barça mehr als nur ein Verein.

Auch im Baskenland stößt das Paar auf Begeisterung. Der Vater von Iñaki Urdangarin, Präsident einer der wichtigsten Sparkassen der rebellischen Nordregion, ist enger Freund des dortigen Nationalistenführer Xavier Arzalluz. Nur bei den baskischen Separatisten – Gegner der Verfassung und damit der Monarchie – will keine Freude aufkommen. Die Zeilen, mit denen die Tageszeitung Egin das Ereignis vermeldete, gelangten zum Lehrstück für nüchternen Journalismus: „Der Handballspieler des FC Barcelona Iñaki Urdangarin wird kommenden Herbst in Barcelona seine Freundin Cristina zur Frau nehmen. Der baskische Spieler mit internationaler Erfahrung beendet so die Gerüchte über seinen bevorstehenden Gang zum Traualtar. Laut einem offiziellen Kommuniqué von gestern wird er diesen Samstag in einem Palast in Madrid um ihre Hand anhalten.“ Reiner Wandler